Herrschafts- und Regierungssysteme
Plutokratie, Gerontokratie & Theokratie
Gerontokratie (2)
Weiterlesen...Geschichte
Der Begriff Gerontokratie bezieht sich ursprünglich auf den im antiken Sparta herrschenden Ältestenrat (Gerusia), dem 28 männliche Bürger Spartas mit einem Mindestalter von 60 Jahren angehörten, und der seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. als ein zentrales Staatsorgan angesehen wird.
Auch die Struktur der Indianerstämme, bei denen ein Ältestenrat den Stammeshäuptling bestimmt und der Aborigines in Australien („Elders“ als Stammesführer) wird oft als gerontokratisch bezeichnet.
Im April 2008 befeuerte Ex-Bundespräsident Roman Herzog die Debatte in Deutschland, indem er in einem Interview vor einer „Rentnerdemokratie“ warnte und Sorgen äußerte, dass „die Älteren die Jüngeren ausplündern“ könnten.10 / 10 / 23Gerontokratie (3)
Weiterlesen...Diskurs
Ursachen
Die steigende Anzahl der Rentner in Deutschland und eine niedrige Geburtenrate haben in den letzten Jahrzehnten zu einer Alterung der Bevölkerung und einem deutlich gestiegenen Medianalter geführt. Diese demographische Entwicklung lässt aber gleichzeitig auch den deutschen Medianwähler immer älter werden. Die daraus resultierende größere elektorale Kraft der älteren Bevölkerung wird dadurch verstärkt, dass noch nicht geborene oder kleine Kinder kein politisches Gewicht haben. Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung die politischen Rahmenbedingungen, Handlungsspielräume und Probleme nachhaltig verändern wird.11 / 11 / 23Gerontokratie (4)
Weiterlesen...Änderung des Wahlrechts
Eine in Deutschland viel diskutierte Maßnahme um der jungen Generation eine Stimme zu verleihen ist eine Herabsenkung des Wahlalters. Während CDU und AfD für die Beibehaltung des Wahlrechts ab 18 sind, fordern Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, die SPD und die FDP die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.
Auch die ehemalige Familienministerin Franziska Giffey plädierte für eine solche Wahlrechtsänderung bei Kommunal-, Landtags-, Bundestags- sowie Europawahlen. Dabei beruft sie sich auf eine Studie der Freien Universität Berlin, die nach der Analyse von einigen Landtagswahlen zu der Erkenntnis kommt, dass „wenig gegen eine Absenkung des Wahlalters spricht“.
Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen plädiert für ein Wahlrecht ohne Altersgrenze, bei dem junge Menschen ab einem selbst gewählten Zeitpunkt durch Eintragung in das Wählerregister ihr Recht der Mitbestimmung ausüben können. So hätte die junge Generation ein stärkteres politisches Gewicht und die Politik müsse auch auf deren Interessen mehr Rücksicht nehmen.12 / 12 / 23Gerontokratie (5)
Weiterlesen...Kritik an der Debatte
Teilweise wird die Diskussion um eine Gerontokratie auch instrumentalisiert, um von der Schere zwischen Arm und Reich abzulenken. „Die Alten“ und „die Jungen“ sollten nicht als geschlossene Gruppen verstanden und gegeneinander ausgespielt werden. Die Soziologin Silke van Dyk weist darauf hin, dass „die extremen sozialen Ungleichheiten innerhalb der Generationen zwar empirisch gut belegt“ seien, aber in der politischen Debatte eher ausgeblendet werden.13 / 13 / 23Theokratie (1)
Weiterlesen...Theokratie (altgriechisch θεοκρατία theokratía, von θεός theós „Gott“ und κρατεῖν krateín „herrschen“) ist eine Herrschaftsform, bei der die Staatsgewalt allein religiös legitimiert und von einer (in der Sicht der Anhänger der Staatsreligion) göttlich erwählten Person (gottberufener Prophet, gottbegnadeter König usw.), einer Priesterschaft (Klerus) oder sakralen Institution (Hierokratie) auf der Grundlage religiöser Prinzipien ausgeübt wird. Ein auf der Theokratie basierender Staat wird auch als Gottesstaat bezeichnet, da die sozialen Normen göttlichen und nicht menschlichen Ursprungs sein sollen. Es gibt dort weder eine Trennung von Staat und Religion noch von weltlichem Recht und religiösen Vorschriften. Damit widerspricht die Konzeption einer Theokratie dem Ideal eines liberal-demokratischen Rechtsstaats. Führt die religiöse Legitimierung von Macht zu einer klerikalen Herrschaft, spricht man in der Politikwissenschaft von Priesteraristokratie.
14 / 14 / 23Theokratie (2)
Weiterlesen...Beispiele von Theokratien in der Geschichte
Altes Ägypten
Das Alte Ägypten, an dessen Spitze ein Gottkönig (Pharao) stand, lässt sich als Theokratie auffassen, also ein politisches Gebilde, dessen Monarch die Gottheit repräsentiert. Während der 21. Dynastie bauten Hoherpriester des Amun ihre Macht so sehr aus, dass sie faktisch zu den Herrschern von Oberägypten wurden.15 / 15 / 23Theokratie (3)
Weiterlesen...Zwölf Stämme Israels
Auch die Zwölf Stämme Israels bildeten laut der Bibel in vorstaatlicher Zeit eine Theokratie – ob als Amphiktyonie oder Kritarchie (Herrschaft der Richter, hebräisch: שופטים), ist allerdings umstritten. Von ca. 1250 v. Chr. bis zum Königtum ab Saul rund 1050 v. Chr. waren die Stämme nach dem Tanach eine, von Gott gelenkte, und besonders im Verteidigungskrieg einheitliche auftretende Größe. Kennzeichnend für die israelitische Theokratie der Richterzeit war das Fehlen von ständigen Verwaltungsorganen und das geringe Maß an Organisation sowie die Zuweisung von Eigenverantwortung an die Bürger, die insbesondere an der Verbundenheit zu Gott gemessen wurde.16 / 16 / 23Theokratie (4)
Weiterlesen...Römisches und Byzantinisches Reich
Theokratisch war auch die Regierungspraxis der antiken römischen Kaiser. Nach dem Vorbild Alexanders des Großen, und in Anlehnung an die Herrscherkulte im hellenistisch geprägten Osten des Reiches, ließen sie sich selbst als Götter verehren. Der römische Kaiserkult hatte eine wichtige staatstragende Funktion.17 / 17 / 23Theokratie (5)
Weiterlesen...Altes Reich nach Karl dem Großen
Auch die westlichen Kaiser seit Karl dem Großen verstanden sich – mancher mehr, mancher weniger – als theokratisch. Das zeigte sich vor allem in der Praxis, Reichsbischöfe und -äbte ein- und abzusetzen (Investitur). Die Trennung zwischen geistlicher und lehnsrechtlicher Autorität bestand noch nicht im heute bekannten Maße, der Kaiser war sowohl oberster weltlicher als auch geistlicher Herrscher, zumal solange der Einfluss des Papsttums weltkirchlich noch überschaubar blieb. Referenz dieses Verständnisses war die Salbung, die die Gottgebundenheit des Herrschers darstellte. In der Zeitgenössischen Panegyrik wurden immer wieder Vergleiche zu biblischen Königen wie Salomo und David gezogen.18 / 18 / 23Theokratie (6)
Weiterlesen...Theokratien heute
Islamische Republik Iran
Ein Beispiel für einen heutigen Staat, der den Anspruch erhebt, eine Theokratie zu sein, ist die 1979 gegründete Islamische Republik Iran. In ihr übt ein Ajatollah, der höchste schiitische Islamgelehrte, das führende Staatsamt des Obersten Führers oder Religionsführers aus. Zwar enthält das politische System des Iran pseudodemokratische Elemente, die es laut Verfassung sogar ermöglichen, dass der direkt vom Volk gewählte Expertenrat den Obersten Führer abwählt.
Islamisches Emirat Afghanistan
Auch das 1996 erstmals und 2021 wiedererrichtete Islamische Emirat Afghanistan wird als Theokratie bezeichnet, da die Taliban einen islamischen Gottesstaat mit einer extrem streng ausgelegten Interpretation der Scharia anstreben.19 / 19 / 23