Die Organisation Gehlen (auch Organisation, Org., Operation Rusty, Operation Zipper oder O.G. genannt) war ein Nachrichtendienst, der Anfang 1946 entstand und aus dem am 1. April 1956 der Bundesnachrichtendienst (BND) hervorging. Langjähriger Leiter war Generalmajor a. D. Reinhard Gehlen, ehemaliger Chef der Abteilung Fremde Heere Ost (FHO) der Wehrmacht und erster Präsident des BND. Die USA, die die Organisation finanzierten und beaufsichtigten sowie die Aufklärungsergebnisse erhielten, verfolgten das Ziel, die deutsche nachrichtendienstliche Expertise über die Sowjetunion im sich abzeichnenden Kalten Krieg zu nutzen. Nachdem das Office of Strategic Services (OSS) als umfassender US-Geheimdienst nach Ende des Zweiten Weltkrieges bereits im September 1945 aufgelöst worden war, fehlte es den US-Streitkräften an einer militärischen Aufklärung. Die Organisation Gehlen sollte diese Lücke für den Bereich der US Army Europe ausgleichen.
Aufsicht durch die US-Army
Entstehung unter Baun
Der Aufbau eines Nachrichtendienstes, der später den Namen Organisation Gehlen trug, begann im Frühjahr 1946. Nach mehreren Monaten Vorbereitung erhielt der ehemalige Oberstleutnant der Abwehr, Hermann Baun, von der United States Army (US-Army) den Auftrag, eine nachrichtendienstliche Operation aufzuziehen. Gehlen befand sich zu dieser Zeit noch in Kriegsgefangenschaft in den Vereinigten Staaten. Das Projekt begann offiziell im April 1946 und erhielt kurz darauf den Tarnnamen „Operation Rusty“. Baun (Dienstname: „Berndt“) knüpfte beim Aufbau der Organisation zu Beginn lose an die Strukturen der Frontaufklärung der Wehrmacht gegen die Sowjetunion an, für die er im Zweiten Weltkrieg zuständig gewesen war. Er baute einen Stab unter seiner Führung sowie mehrere zentral organisierte Dienststellen auf. Der Stab war in einem separierten Bereich innerhalb des US Military Intelligence Service Center im Camp King, Oberursel untergebracht. Nach August 1946 wurde der Beschaffungsstab in ein ehemaliges Hotel ins 15 Kilometer entfernte Schmitten (Tarnname: „Dustbin“) verlegt. Auch das ehemalige Opel-Jagdhaus im Weihergrund von Anspach wurde genutzt. Für das Stabspersonal griff Baun überwiegend auf ehemalige Angehörige der Abwehr-Leitstelle „Walli I“ zurück. Im Frühjahr 1947 umfasste der Stab 25 Personen. Der Bereich Sichtung des Stabes unter Leitung von Gustav-Adolf Tietze bewertete die von den Außenorganisationen beschafften Meldungen nach Neuigkeitswert und Glaubwürdigkeit. Die Sichtung gliederte sich sachthematisch in die vier Arbeitsgebiete Militär, Wirtschaft, Politik sowie Gegenspionage/Spionageabwehr.
Gehlen kehrte im Juli 1946 aus der Kriegsgefangenschaft zurück und wurde in die Operation Rusty integriert. Sein erster Arbeitstag in Deutschland war der 15. Juli 1946. Er leitete zunächst die Auswertegruppe (auch „Intelligence Group“ genannt), der neben ihm auch Gerhard Wessel als sein Stellvertreter sowie Albert Schoeller, Hans Hinrichs und Horst Hiemenz angehörten.
Gehlen und seinen Vertrauten war es gelungen, das gesamte Archiv der Abteilung Fremde Heere Ost (FHO) des einstigen deutschen Generalstabs Anfang 1945 aus dem Hauptquartier des Heeresgeneralstabs nach Bayern zu transportieren und in 50 Stahlkisten zu vergraben. Nach Verhören im Kriegsgefangenenlager und in einem speziellen Vernehmungslager in Virginia erkannten die US-Nachrichtendienstler die Bedeutung von Gehlens Kenntnissen und seines Archivs.
Leitung unter Gehlen
Nachdem sich Gehlen seit Herbst 1946 verstärkt bemüht hatte, Baun als Leiter abzulösen, wurde er im Februar 1947 von der US-Army als „German Chief of Operation Rusty“ eingesetzt. Am 6. Dezember 1947 zog die Organisation in die spätere BND-Liegenschaft in Pullach und ehemalige Reichssiedlung Rudolf Heß in Pullach bei München. Das Umzugsdatum, der Nikolaustag, brachte dem Quartier den Spitznamen „Camp Nikolaus“ ein. Gehlen verhalf vielen ehemaligen Mitarbeitern der zuvor von ihm geleiteten „Abteilung Fremde Heere Ost“ des Oberkommandos des Heeres, die für die Bewertung der Feindlage an der Ostfront durch Auswertung von Nachrichten zuständig war, zu einer neuen Karriere in der jungen Bundesrepublik. Gehlens Abteilung hatte den Ruf der systematischen und exakt dokumentierenden Detailarbeit.
Zur Organisation gehörte auch die sogenannte Professorengruppe, in der sich die Vertreter der Ostforschung Werner Conze, Gunther Ipsen, Hans Koch, Werner Markert, Reinhart Maurach, Hermann Raschhofer, Otto Schiller und Theodor Oberländer sammelten. Kopf der Gruppe war Peter-Heinz Seraphim. Die Professorengruppe verfasste gegen Bezahlung größere und kleinere Studien hauptsächlich zu aktuellen ökonomischen Themen und Bevölkerungsentwicklungen in bestimmten Regionen oder dem gesamten Ostblock. Sie existierte von 1946 bis Dezember 1949.
Die Mitglieder der Auswertung erhielten ab Juli 1946 ein festes Monatsgehalt zwischen 400 und 600 Reichsmark (RM) sowie Zuschläge für Verheiratete (100 RM) und je Kind (50 RM). Die US-Army stellte der Organisation monatlich Geld, aber auch Gebrauchs- und Genussmittel aus ihren Depots zur Verfügung, die vor der Währungsreform 1948 auf dem Schwarzmarkt als Tauschware gegen Geld dienten oder mit denen direkt bezahlt wurde. Im Monat September 1946 erhielt die Organisation 160.000 Zigaretten, 43.300 Liter Benzin und etwa 50.000 US-Dollar von der US-Army; Für die Monate Juli bis November 1948 waren es 82.153 Tafeln Schokolade, 67.150 Päckchen Zigaretten, 4500 Rasierklingen und 1815 Paar Wollsocken. Später betrug das Budget 125.000 US-Dollar, welches bis zum Juni 1949 gleich blieb. Der Tausch von Waren gegen Geld war eine wesentliche Einnahmequelle der Organisation, die mit der Währungsreform am 18. Juni 1948 wegfiel und diese in eine Finanzierungskrise stürzte.
Im Februar 1948 waren in der Zentrale 160 Personen beschäftigt; im Mai 1949 waren es etwa 270. Die Zahl der Mitarbeiter insgesamt (Zentrale und Außenstellen) betrug im Frühjahr 1949 circa 700 bis 800 Personen.
Aufsicht durch die CIA
Am 1. Juli 1949 wechselte der Geld- und Auftraggeber der Organisation Gehlen von der US-Army an die im Jahr 1947 gegründete Central Intelligence Agency (CIA). Im November 1948 wurde der CIA-Mitarbeiter James H. Critchfield nach Pullach geschickt, um die Möglichkeit einer Übernahme zu prüfen. Aufgrund seines Berichts vom 17. Dezember 1948 beschlossen am 27. Dezember 1948 der damalige CIA-Chef Roscoe H. Hillenkoetter und der Leiter des Nachrichtendienstes der US-Army, S. Leroy Erwin, die Übernahme. Die Organisation lief in der CIA von 1949 bis 1950 unter der Bezeichnung „Offspring“, von 1950 bis 1951 unter „Odeum“ und ab 1951 bis 1956 unter „Zipper“.
Der von Critchfield geleitete amerikanische Stab in Pullach bestand zwischen 1950 und 1956 aus rund 30 bis 35 Personen (Pullach Operation Base: POB). Critchfield legte bei der Auswahl seiner Mitarbeiter Wert darauf, dass diese Deutsch sprachen und Erfahrungen im Nachrichtendienst, möglichst bei Einsätzen in (Mittel-)Europa, hatten. Jeder deutsche Gruppen-, Abteilungs- und Außenorganisationsleiter hatte einen spiegelbildlich Verantwortlichen der CIA. Gehlen baute sich einen Stab von persönlichen Mitarbeitern auf. Dies waren Horst Wendland (Gesamtführung/Verwaltung), August Winter (Beschaffung/Auswertung), Wolfgang Langkau (Bürochef), Alfred Franz Kretschmer (Interne Ermittlungen), Hans-Ludwig von Lossow (Verbindung zu hochrangigen Kontakten in Bundesministerien), Wilhelm Oxenius (Sicherheit) und Georg Buntrock (Sonderverbindungen: Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten). Ende Oktober 1951 wurde Horst von Mellenthin als Stellvertreter Gehlens ernannt. Als er Anfang 1956 erster Resident in Washington, D.C. wurde, übernahm Hermann Foertsch die Vertretung Gehlens bei längerer Abwesenheit. Die „Dienstanweisung für die Zentrale der Organisation“ vom März 1953 legte eine neue Führungsorganisation fest: Leiter der Gesamtorganisation (Gehlen), Ständiger Vertreter (von Mellenthin), Verwaltungs-, Personal- und Organisationsaufgaben (Wendland), Persönlicher Mitarbeiter für ND-Entwicklung (Walter Schenk, auch zuständig für Ausbildung), Leiter der Gruppen I-(Informations-)Beschaffung, Gegenspionage/Spionageabwehr, Auswertung, Fernmeldewesen, Stay-Behind-Planungen, Sonderverbindungen sowie Psychologische Forschung und Gegenwirkung.
Adolf Heusinger war vier Jahre lang Leiter der Auswertung. Er ging Anfang 1952 ins Amt Blank. Sein Nachfolger war Gerhard Wessel, der nach einem Jahr ebenfalls ins Amt Blank wechselte. Ihm folgte Heinz Herre als letzter Leiter der Auswertung. Sie hatte einen militärischen Schwerpunkt. Leiter des Referats Auswertung Heer und Marine war Hans Hinrichs, Referatsleiter Auswertung Luftstreitkräfte Werner Boie und der Auswertung Transportwesen Johnannes Härtel. Alle drei bekleideten ihre Dienstposten durchgängig von 1949 bis 1955 und wurden später Generale der Bundeswehr. 1952 wurde die Auswertung Marine ein eigenständiges Referat unter Alfred Schulze-Hinrichs. 1955 wurde die Funktion des Leiters der Militärischen Auswertung geschaffen, den Walter Nielsen einnahm. Die Wirtschaftsauswertung zog 1953 von Schloss Kransberg nach Pullach um. Ab 1953 wurde sie von Walter Kienitz, einem späteren Brigadegeneral der Luftwaffe, geleitet. Herbert von Dirksen war Leiter der politischen Auswertung und Nachfolger von Gustav Hilger. Auch Otto Bräutigam gehörte dieser Organisationseinheit an.
Nach Willen der CIA sollte sich die Organisation bei der Beschaffung auf die DDR, Polen und Rumänien konzentrieren. Der Beschaffungsbereich war in drei Gruppen gegliedert: Gegenspionage/Spionageabwehr (Kurt Kohler), Strategische Aufklärung (Walter Schenk; Stellvertreter: Conrad Kühlein) und Nahaufklärung (zunächst kommissarisch: Siegfried Graber). In der Strategischen Aufklärung war Heinrich Kurtz Länderbearbeiter Polen und das CSR-Länderreferat durch Hermann Wondrak besetzt. Nach nur einem Jahr, zum Jahresbeginn 1952, wurden Strategische und Nahaufklärung wieder zusammengelegt, weil sich die Trennung nicht bewährt hatte. Leiter wurde Kühlein. Ihm unterstanden die drei Bereiche DDR (Siegfried Graber; Stellvertreter: Eberhard Blum), übrige Satellitenstaaten (Dietz von dem Knesebeck) und Sowjetunion (Eugen Dükrsen; vorher kommissarisch: Heinz Herre). Der operative Außenbereich wurde im August 1949 konsolidiert. An ihrer Spitze standen sechs sogenannte Generalvertretungen (GV): GV A (Salzburg), GV C (Darmstadt), GV E (Ulm), GV G (Frankfurt am Main) GV H (ebenfalls Frankfurt), GV L (Karlsruhe). Diesen nachgeordnet waren Bezirksvertretungen, Untervertretungen und Filialen. Die Generalvertretungen übernahmen allgemeine Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben. Sie verteilten die Aufklärungsforderungen der Zentrale, sammelten die eingehenden Meldungen, prüften sie und leiteten sie zur Sichtung nach Pullach weiter. Auch waren sie für die Funktechnik, die Schulung und allgemeine Sicherheit zuständig. Alle Generalvertretungen mit Ausnahme der GV A hatten die DDR-Beschaffung zum Auftrag. Für Rumänien war die GV A zuständig, für die Tschechoslowakei die GV C und E. Die GV L war auf Gegenspionage und Spionageabwehr fokussiert. Zum 1. Juni 1951 wurde die GV A aufgelöst und etwa zeitgleich die GV B (Bremen; Leitung: Hans-Heinrich Worgitzky) geschaffen. Ein weiterer Typ der Außenorganisationen waren die Projektgruppen (später: Organisationsgruppen), die direkt von Pullach geführt wurden und zwischen November 1950 bis Frühjahr 1951 entstanden. Im Zuge einer Verhaftungswelle von Spionen in der DDR im Herbst 1953, kam es zum Jahresbeginn 1954 zu umfangreichen Umbenennungen von Organisationseinheiten.
1950 wurde die Abteilung „40“ geschaffen, die sich in die sogenannte III-Tätigkeit und innenpolitische Berichterstattung gliederte. Der III-Bereich war der deutlich größere und untergliederte sich in Spionageabwehr und Gegenspionage ergänzt um selbständige Referate für die Eigensicherung des Dienstes, zur Bearbeitungs von Sicherheitsvorfällen und der „Kartei“. In der innenpolitischen Berichterstattung war Henning Wilcke tätig. Ursprünglich sollte Alfred Radke die Abteilung führen; stattdessen übernahm Kurt Kohler die Leitung. Aktive Gegenspionage, also die Infiltration von Nachrichtendienstes des Ostblocks, betrieb die Abteilung nicht. Seit dem 1. Oktober 1953 gehörte Heinz Felfe der Abteilung an. Felfe war ein Maulwurf des sowjetischen KGB, der erst 1961 enttarnt wurde. Der KGB hatte die Verstrickung Felfes in NS-Verbrechen benutzt, um ihn noch vor seinem Eintritt in die Organisation Gehlen anzuwerben.
Im Februar 1951 richtete die Organisation ein halboffizielles Verbindungsbüro in Bonn ein (Deckname: „Forsthaus“), dessen erster Leiter der spätere Generalmajor der Bundeswehr Karl Kleyser war. An ausgewählte Abnehmer sandte die Organisation Berichte unter der Bezeichnung „Kundendienst“.
Während der Schwerpunkt der Organisation die militärische Aufklärung war, bildete die politische Aufklärung einen abgeschirmten Sonderbereich mit dem Namen „Archiv“. Aus diesem wurde beim Übergang zum BND der „Strategische Dienst“. Ab 1954 erhielt die Organisation seitens der Bundesregierung eine monatliche Finanzierung von 30.000 DM, mit der der Ausbau des „Archivs“ (teil-)finanziert wurde. Das Geld stammte aus einem Reptilienfonds des Bundeskanzlers. Zudem warb die Organisation, über eine Dienststelle mit der Tarnbezeichnung „Industrial Research Institute“, Geld bei der deutschen Wirtschaft ein; 1951 erhielt sie rund 600.000 DM. Zu den Gebern zählten Standard Elektrik AG, Rodenstock und Messerschmitt.
Mitte 1949 wurde die Organisation Gehlen mit jährlich 1,5 Millionen US-Dollar durch die USA finanziert. Infolge des Koreakrieges wurden die finanziellen Mittel erheblich aufgestockt. Die erste für die Amerikaner wichtige Operation der Organisation war die Funkaufklärung der Luftstreitkräfte der Sowjetunion während der Berliner Luftbrücke. Die Einschleusung von Spionen und Saboteuren in Osteuropa und der Sowjetunion blieb dagegen weitgehend erfolglos.
Am 1. Mai 1951 meldete die Organisation der CIA einen Mitarbeiterbestand von 1132 sowie 1152 Informationen und operativ tätiges Führungspersonal. Am 1. Juli 1952 wies eine interne Übersicht 1011 hauptamtliche Mitarbeiter, 425 „Führungs- und Führungshilfskräfte“ sowie 1421 V-Leute (inklusive Vernehmer) aus; zusammen 2857. Im Juni 1953 waren 3921 Personen unterschiedlicher Funktion und Anbindung für die Organisation tätig und 3231 im Juni 1954. Bei der Übernahme in den Bundesdienst am 1. April 1956 lag der Personalbestand bei 3982. Die Organisation unterschied die Personalkategorien Rahmenpersonal, ND-Personal, Pauschalempfänger und Sonderverbindungen. Die Rekrutierung neuer Mitarbeiter erfolgte hauptsächlich aus dem Familien- und Bekanntenkreis des Bestandspersonals. Initiativbewerbungen traten erst ab 1954 verstärkt auf, als die Organisation in der Öffentlichkeit bekannter wurde. Diesen gegenüber war die Organisation jedoch skeptisch, weil man unter den Initiativbewerbern Feindagenten befürchtete. Im Jahr 1951 mussten neue Mitarbeiter eine Erklärung abgeben, in der sie sich verpflichteten „aus freiem Willensentschluss und im freiwilligen Bekenntnis zur abendländich – westlichen – christlichen Lebensanschauung sowie in treuer Anhänglichkeit an meine deutsche Heimat all meine Kräfte in den Dienst der mir bekanntgegebenen Aufgabe zu stellen“.
In der zweiten Jahreshälfte 1948 begannen Überlegungen für das Verhalten der Organisation im Fall eines neuen Krieges gegen die Sowjetunion und deren Verbündete. Dabei ging es sowohl um die Aufrechterhaltung der verdeckten Tätigkeiten im umkämpften und voraussichtliche größtenteils besetzten Gebiet Deutschlands sowie um die Evakuierung wichtiger Mitglieder der Organisation, einiger Militärführer des Zweiten Weltkriegs und ihrer jeweiligen Familien nach Westeuropa. Rund 2800 Personen waren dafür Ende 1948 vorgesehen. Bis 1953 wurden diese Pläne ausgeweitet. Zu diesem Zeitpunkt war unter der Bezeichnung Roland die Einrichtung einer Basis in Südfrankreich vorgesehen, von der aus die Agenten in der DDR sowie die im Aufbau begriffenen Stay-behind-Gruppen in der Bundesrepublik geführt werden sollten. Bis zur Funktionsfähigkeit dieser Basis sollte die Einrichtung Zobel nahe Manzanares in Zentral-Spanien für diese Aufgabe genutzt werden. Die nicht für den Einsatz im besetzten Gebiet vorgesehenen Mitglieder der Organisation Gehlen sollten zusammen mit ihren Angehörigen mit alliierten Militärkonvois nach Westen abziehen, nicht im Dienst oder im Militär Einsatzfähige dann weiter in die Vereinigten Staaten gebracht werden. Für den Transport wurden Privatfahrzeuge registriert. Zudem sollten die operativen Akten vor der Vernichtung verfilmt und die Filme mit nach Spanien transferiert werden. Insgesamt sollte die Organisation im Kriegsfall der CIA unterstellt und durch die Streitkräfte der Vereinigten Staaten versorgt werden, sich aber mit einer eventuellen deutschen Exilregierung koordinieren. Ab November 1954 stand in Idar-Oberstein die Leitstelle Alpina zur Verfügung, eine mobile Funkanlage US-amerikanischen Ursprungs, die der Organisation im Verteidigungsfall zur Agentenführung dienen sollte. 1959 wurde sie nach Zobel verlegt. Allerdings war die Anlage nur teilweise mit der deutschen Funktechnik kompatibel.
Übernahme in den Bundesdienst
Bereits 1951 begann die Diskussion über die Einrichtung eines oder mehrerer Nachrichtendienste auf Bundesebene. Laut eines Berichts der CIA wurde der Name „Bundesnachrichtendienst“ erstmals im August und September 1952 bei Gesprächen im Bundeskanzleramt verwendet. An den geheimen Gründungsgesprächen, die im Büro des damaligen Ministerialrates Karl Gumbel stattfanden, nahmen neben Hans Globke und Reinhard Gehlen auch die Gehlenmitarbeiter Hans-Ludwig von Lossow, Horst Wendland und Werner Repenning teil. Mit dem Deutschlandvertrag erhielt die Bundesrepublik die Zustimmung der Alliierten, über einen eigenen Auslandsnachrichtendienst verfügen zu dürfen. Am 1. April 1956 wurde die Organisation Gehlen als „Bundesnachrichtendienst“ in die Bundesverwaltung übernommen.
Beschäftigung von Personal ehemaliger NS-Organisationen
Die Organisation half ihren Angehörigen bei den Entnazifizierungsverfahren. Es gelang Gehlen, auch wenn er selbst dies nachdrücklich abstritt, eine große Anzahl der noch lebenden Mitglieder seiner früheren Dienststelle für den Dienst zu interessieren, weil sie in ihrer neuen Stellung häufig mit einer neuen Identität versehen wurden. Eingestellt wurden zu einem großen Teil Ehemalige der SS, des SD, der Gestapo, der Abwehr und vor allem Offiziere der Wehrmacht. Anfang der 1950er durchgeführte Untersuchungen der Central Intelligence Agency ergaben, dass 13 bis 28 Prozent der Mitarbeiter der Organisation Gehlen ehemalige NSDAP-Mitglieder waren, und davon 5 bis 8 Prozent auch Mitglieder bei SS, SD oder SA waren. Der CIA-Bericht verweist darauf, dass der Anteil an ehemaligen Mitgliedern der NSDAP vergleichbar ist mit der Besetzung des 2. Deutschen Bundestages. Unter den 487 Bundestagsabgeordneten befanden sich 129 ehemalige NSDAP-Mitglieder, was einem Prozentsatz von 26,5 Prozent entsprach. Schätzungsweise hatten Ende der 1940er Jahre rund 400 meist hochrangige Mitarbeiter einen solchen Hintergrund.
Die US-Regierung war an dem Fachwissen der Aufklärungsleute aus dem „Dritten Reich“ interessiert, da ihre eigenen Geheimdienste zu diesem Zeitpunkt, als sich der Kalte Krieg abzuzeichnen begann, kaum über Kenntnisse über das sowjetische Militär verfügten. Neben der militärischen Aufklärung und Spionage gegen die Sowjetische Besatzungszone und andere Ostblock-Staaten sollte die Organisation Gehlen auch eine mögliche „kommunistische Gefahr“ im Inneren Westdeutschlands abwehren.
Aktion Hermes
Ab dem Sommer 1947 begann Gehlen eine Befragungsaktion, Deckname „Aktion Hermes“, unter den 3,1 Millionen jetzt aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft entlassenen Soldaten und anderen deutschen Rückkehrern. Die Abschöpfung war sehr ergiebig. Die Agenten der Organisation Gehlen bezogen dauerhaft Posten in den Heimkehrerlagern der Westzonen und später der Bundesrepublik Deutschland. Nahezu jeder Rückkehrer, ob Soldat oder Zivilinternierter, zog an den Agenten vorbei, die danach fragten, in welchen Lagern er gelebt und in welchen Betrieben er gearbeitet hatte. Vor allem interessierten sich die Agenten für Spione der Gegenseite und für Schüler der „Antifa-Kurse“ in den sowjetischen Lagern. Wer so als kommunistisch beeinflusst galt, wurde von der Organisation Gehlen als möglicher Feindagent in einer Sonderkartei registriert. Gehlens Agenten, fast ausschließlich alte Kameraden aus der Abteilung Fremde Heere Ost, aus der SS und der Abwehr erhielten so einen umfangreichen Wissensbestand aus Berichten erster Hand, von Leuten, die den Osten „kennengelernt hatten wie vorher kein anderer Mensch aus dem Westen.“
Jefferson Adams präzisiert 2009, dass bei einer späteren intensiven Befragung von Heimkehrern, deren Ausforschung erfolgversprechend schien, die Agenten den Decknamen „Historisches Forschungsinstitut Wiesbaden“ gegenüber den Befragten verwendeten. Schwerpunkte der Ausforschung waren die sowjetische Industrie, die Bewaffnung, die Telekommunikation und die Haltung der Bevölkerung zur Regierung. Als Gehlens Agenten aufgrund der Befragungen eine auffällige Zunahme des Panzerbaus und des Baus von Militärflugzeugen in der Sowjetunion nach 1945 feststellten, sorgte das für Unruhe unter den US-amerikanischen Militärs, an die alle Meldungen gingen.
Als der Strom der Heimkehrer versiegte, verlegte die Aktion Hermes sich auf Subversion, vor allem gegen Polen, belegt z. B. für 1952. Die mit Subversion beauftragten Agenten erreichten ihr Zielland über die Ostsee.
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Wiki: Organisation Gehlen
Bundesnachrichtendienst

Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist der Auslandsnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland, der direkt dem Bundeskanzleramt unterstellt ist. Die Zentrale des BND befindet sich in Berlin-Mitte. Der BND hat 300 Standorte in Deutschland und im Ausland. Im Jahr 2016 beschäftigte er rund 6.500 Mitarbeiter; 10 % davon sind Militärangehörige, die formell beim Bundesamt für Wehrwissenschaft angestellt sind. Der BND ist die größte Behörde des deutschen Nachrichtendienstes.
Der BND wurde 1956 während des Kalten Krieges als offizieller Auslandsnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland, die kurz zuvor der NATO beigetreten war, und in enger Zusammenarbeit mit der CIA gegründet. Er war der Nachfolger der früheren Gehlen-Organisation, die oft einfach „Die Organisation“ oder „Die Org“ genannt wurde, einer westdeutschen Geheimdienstorganisation, die mit der CIA verbunden war und deren Existenz offiziell nicht anerkannt wurde. Die zentrale Figur in der Geschichte des BND war General Reinhard Gehlen, der Leiter der Organisation Gehlen und spätere Gründungspräsident des BND, der als „einer der legendärsten Spionagemeister des Kalten Krieges“ gilt. Seit den Anfängen des Kalten Krieges arbeiteten die Organisation Gehlen und später der BND eng mit der CIA zusammen und waren oft die einzigen Augen und Ohren des westlichen Geheimdienstes vor Ort im Ostblock. Der BND gilt auch als einer der bestinformierten Nachrichtendienste in Bezug auf den Nahen Osten in den 1960er Jahren. Der BND wurde schnell zum zweitgrößten Nachrichtendienst der westlichen Welt, gleich nach der CIA. Sowohl Russland als auch der Nahe Osten sind nach wie vor wichtige Schwerpunkte der BND-Aktivitäten, ebenso wie gewalttätige nichtstaatliche Akteure.
Der BND fungiert heute als Frühwarnsystem, das die Bundesregierung vor Bedrohungen deutscher Interessen aus dem Ausland warnt. Er ist in hohem Maße auf das Abhören und die elektronische Überwachung der internationalen Kommunikation angewiesen. Er sammelt und wertet Informationen über eine Vielzahl von Bereichen wie internationalen nichtstaatlichen Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und illegalen Technologietransfer, organisierte Kriminalität, Waffen- und Drogenhandel, Geldwäsche, illegale Migration und Informationskriegsführung aus. Als einziger deutscher Auslandsnachrichtendienst sammelt der BND sowohl militärische als auch zivile Informationen. Das Kommando Strategische Aufklärung (KSA) der Bundeswehr erfüllt zwar auch diesen Auftrag, ist aber kein Nachrichtendienst. Zwischen dem BND und dem KSA besteht eine enge Zusammenarbeit.
Die geheimdienstlichen Pendants des BND sind das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und 16 Landesämter für Verfassungsschutz auf Landesebene; außerdem gibt es einen eigenen militärischen Nachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst (MAD).
Geschichte
Der Vorgänger des BND war der deutsche militärische Nachrichtendienst im Osten während des Zweiten Weltkriegs, die Abteilung Fremde Heere Ost (FHO) im Generalstab, die von Wehrmachtsgeneral Reinhard Gehlen geleitet wurde. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, Informationen über die Rote Armee zu sammeln. Nach dem Krieg arbeitete Gehlen mit den US-Besatzungstruppen in Westdeutschland zusammen.
1946 gründete er einen Nachrichtendienst, der inoffiziell als „Organisation Gehlen“ oder einfach „The Org“ bekannt war. Er rekrutierte einige seiner ehemaligen Mitarbeiter bei der Gestapo Trier: Dietmar Lermen, Heinrich Hädderich, August Hill, Friedrich Walz, Albert Schmidt und Friedrich Heinrich Busch. Viele von ihnen waren zu Kriegszeiten Mitarbeiter der Abwehrorganisation von Admiral Wilhelm Canaris gewesen, aber Gehlen rekrutierte auch Mitarbeiter des ehemaligen Sicherheitsdienstes (SD), der SS und der Gestapo, nachdem diese von den Alliierten entlassen worden waren. Die letztgenannten Rekruten waren umstritten, da die SS und die mit ihr verbundenen Gruppen während des Krieges für zahlreiche Gräueltaten der Nazis verantwortlich waren. Die Organisation arbeitete zunächst fast ausschließlich für die CIA, die Mittel, Ausrüstung, Autos, Benzin und andere Materialien zur Verfügung stellte.
Am 1. April 1956 ging der Bundesnachrichtendienst aus der Organisation Gehlen hervor und wurde mit allen Mitarbeitern auf die westdeutsche Regierung übertragen. Reinhard Gehlen wurde Präsident des BND und blieb bis 1968 dessen Leiter.
Kritik
Mehrere Publikationen haben Gehlen und seine Organisationen dafür kritisiert, Ex-Nazis einzustellen. In einem Artikel in The Independent vom 29. Juni 2018 wurde diese Aussage über einige der BND-Mitarbeiter getroffen:
„Bis 1956, als sie vom BND abgelöst wurde, durfte die Organisation Gehlen mindestens 100 ehemalige Gestapo- oder SS-Offiziere beschäftigen. … Unter ihnen waren Adolf Eichmanns Stellvertreter Alois Brunner, der an Altersschwäche starb, obwohl er mehr als 100.000 Juden in Ghettos oder Internierungslager geschickt hatte, und Ex-SS-Major Emil Augsburg. … Viele Ex-Nazi-Funktionäre, darunter Silberbauer, der Entführer von Anne Frank, wechselten von der Organisation Gehlen zum BND. … Anstatt sie auszuweisen, scheint der BND sogar bereit gewesen zu sein, weitere von ihnen anzuwerben – zumindest für einige Jahre“.
Die Autoren des Buches A Nazi Past: Recasting German Identity in Postwar Europe stellen fest, dass Reinhard Gehlen die Hintergründe der Männer, die der BND in den 1950er Jahren einstellte, einfach nicht kennen wollte. Das amerikanische National Security Archive stellt fest, dass „er zahlreiche ehemalige Nazis und bekannte Kriegsverbrecher beschäftigte“.
Andererseits wurde Gehlen selbst von James H. Critchfield von der Central Intelligence Agency, der von 1949 bis 1956 mit der Gehlen-Organisation zusammenarbeitete, entlastet. Im Jahr 2001 sagte er, dass „fast alles Negative, das über Gehlen geschrieben wurde, [als] glühender Ex-Nazi, einer von Hitlers Kriegsverbrechern … weit von den Tatsachen entfernt ist“, wie in der Washington Post zitiert. Critchfield fügte hinzu, dass Gehlen ehemalige Männer des Sicherheitsdienstes des Reichsführers-SS „widerwillig und unter dem Druck des deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer einstellte, um mit der ‚Lawine der Subversion‘ fertig zu werden, die sie aus Ostdeutschland traf.“
Von 2011 bis 2018 hat eine unabhängige Historikerkommission die Geschichte des BND in der Ära Reinhard Gehlen aufgearbeitet. Die Ergebnisse werden in umfangreichen Studien veröffentlicht. Bislang (Stand: April 2020) sind elf Bände erschienen.
Betrieb
1960s
In den ersten Jahren der Aufsicht des Staatssekretärs im Bundeskanzleramt Konrad Adenauer über den Betrieb in Pullach, Landkreis München, Bayern, setzte der BND die Wege seines Vorgängers, der Organisation Gehlen, fort.
Seine ersten Erfolge im Kalten Krieg erzielte der BND in Ost und West, indem er sich auf Ostdeutschland konzentrierte. Die Reichweite des BND reichte bis in die höchsten politischen und militärischen Ebenen des DDR-Regimes. Er kannte die Tragfähigkeit jeder Brücke, die Bettenzahl jedes Krankenhauses, die Länge jedes Flugplatzes, die Breite und den Instandhaltungszustand der Straßen, die sowjetische Panzer- und Infanteriedivisionen bei einem möglichen Angriff auf den Westen überqueren müssten. Nahezu jeder Bereich des östlichen Lebens war dem BND bekannt.
Die unbestechlichen Analytiker in Pullach mit ihren Kontakten in den Osten fungierten im übertragenen Sinne als Fliegen an der Wand in Ministerien und Militärkonferenzen. Als der sowjetische KGB einen Offizier des ostdeutschen Heeresnachrichtendienstes, einen Oberstleutnant und BND-Agenten, der Spionage verdächtigte, untersuchten und beschatteten die Sowjets ihn. Der BND war in der Lage, gefälschte Berichte einzuschleusen, aus denen hervorging, dass es sich bei dem losen Spion in Wirklichkeit um den KGB-Ermittler handelte, der daraufhin von den Sowjets verhaftet und nach Moskau verbracht wurde. Da der echte Spion nicht wusste, wie lange die Sache geheim bleiben würde, wurde ihm gesagt, er solle sich für einen Rückruf bereithalten; er setzte sich zu gegebener Zeit in den Westen ab.
Das ostdeutsche Regime schlug jedoch zurück. Da die Flucht in den Westen weiterhin ungehindert möglich war, begann die Unterwanderung im großen Stil, und es kam zu einer Art Umkehrung. In den frühen 1960er Jahren arbeiteten bis zu 90 % der BND-Informanten der unteren Ebene in der DDR als Doppelagenten für den DDR-Sicherheitsdienst, der später als Stasi bekannt wurde. Mehrere Informanten in Ost-Berlin berichteten im Juni und Juli 1961 von Straßensperrungen, Räumungen von Feldern, Anhäufung von Baumaterialien, Polizei- und Armeeeinsätzen in bestimmten Teilen des Ostsektors sowie von anderen Maßnahmen, die nach Ansicht des BND zu einer Teilung der Stadt führen könnten. Der BND zögerte jedoch, kommunistische Initiativen zu melden, und hatte aufgrund widersprüchlicher Angaben keine Kenntnis über Umfang und Zeitpunkt. Der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 kam daher überraschend, und die Leistungen des BND im politischen Bereich waren in der Folgezeit oft falsch und blieben lückenhaft und unscheinbar.
Einen großen Erfolg konnte der Bundesnachrichtendienst während der Kuba-Krise verbuchen. Als erster westlicher Nachrichtendienst hatte der BND 1962 Informationen über die Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen auf der Karibikinsel und gab sie an die USA weiter. Zwischen 1959 und 1961 forderte Reinhard Gehlen Washington mehrfach vergeblich auf, „die gefährliche kommunistische Bastion, die zugleich einen hervorragenden Ausgangspunkt für die kommunistische Infiltration Lateinamerikas darstellt, durch raschen Zugang in den Machtbereich [der USA] einzufügen“. Gehlens Einfluss auf die US-Regierung ist nicht zu unterschätzen, denn über seine sehr guten Quellen in Kuba konnte der BND die CIA regelmäßig mit detaillierten Informationen über sowjetische Waffenlieferungen versorgen. Es gibt Hinweise darauf, dass der Geheimdienst auch über militärische Aktionen gegen Kuba informiert war. Zehn Tage vor der Invasion in der Schweinebucht meldete Gehlen nach Bonn: „In relativ kurzer Zeit werden groß angelegte militärische Operationen zur Beseitigung von Fidel Castro beginnen.“ Aus seinen Quellen, den in Miami lebenden Exilkubanern, erfuhr der BND 1962 auch, dass Kuba versuchte, über deutsche Händler an Waffen zu kommen. Einem BND-Bericht zufolge gelang es Kuba auch, vier ehemalige Offiziere der Waffen-SS als Ausbilder für die kubanischen Streitkräfte anzuwerben. Die Identität der Männer wurde in dem Bericht jedoch geschwärzt.
„Diese negative Sicht auf den BND war sicherlich nicht gerechtfertigt während … [1967 und] 1968.“ Die militärische Arbeit des BND sei „hervorragend“ gewesen, und in bestimmten Bereichen des Nachrichtenwesens sei der BND nach wie vor brillant: In Lateinamerika und im Nahen Osten gelte er als der bestinformierte Geheimdienst.
Der BND lieferte in enger Zusammenarbeit mit der Bundeswehr umfangreiche und zuverlässige Informationen über die sowjetischen Streitkräfte und die Streitkräfte des Ostblocks in Osteuropa, um ein NATO-Warnsystem gegen etwaige sowjetische Operationen auf NATO-Gebiet aufzubauen.
Ein Höhepunkt der nachrichtendienstlichen Arbeit des BND war die fast stundengenaue Vorhersage des Ausbruchs des Sechs-Tage-Krieges im Nahen Osten am 5. Juni 1967 Anfang Juni 1967.
Laut freigegebenen Protokollen einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates der Vereinigten Staaten am 2. Juni 1967 unterbrach CIA-Direktor Richard Helms Außenminister Dean Rusk mit „zuverlässigen Informationen“ – entgegen Rusks Darstellung -, dass die Israelis an einem bestimmten Tag und zu einer bestimmten Uhrzeit angreifen würden. Rusk schoss zurück: „Das steht völlig außer Frage. Unser Botschafter in Tel Aviv versicherte mir erst gestern, dass alles normal sei.“ Helms antwortete: „Es tut mir leid, aber ich bleibe bei meiner Meinung. Die Israelis werden zuschlagen, und ihr Ziel wird es sein, den Krieg mit äußerster Schnelligkeit zu ihren Gunsten zu beenden.“ Präsident Lyndon Johnson fragte daraufhin Helms nach der Quelle seiner Informationen. Helms sagte: „Mr. President, ich habe sie von einem alliierten Geheimdienst. Der Bericht ist absolut zuverlässig.“ Helms‘ Informationen stammten vom BND.
Ein weiterer lobenswerter Erfolg war die Tätigkeit des BND während der tschechischen Krise 1968; zu diesem Zeitpunkt wurde die Behörde vom zweiten Präsidenten, Gerhard Wessel, geleitet. Mit der voll funktionsfähigen Pullach-Kryptographie sagte der BND einen Einmarsch sowjetischer und anderer Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei voraus. Die CIA-Analysten hingegen lehnten die Vorstellung einer „brüderlichen Unterstützung“ durch die Satellitenstaaten Moskaus ab, und der US-Botschafter in der Sowjetunion, Llewellyn Thompson, bezeichnete den geheimen BND-Bericht, den er erhalten hatte, ziemlich verärgert als „eine deutsche Erfindung“. Am 20. August 1968 um 23.11 Uhr beobachteten BND-Radargeräteführer erstmals ungewöhnliche Aktivitäten über dem tschechischen Luftraum. Ein Agent am Boden in Prag rief eine BND-Außenstelle in Bayern an: „Die Russen kommen.“ Die Streitkräfte des Warschauer Paktes hatten sich wie vorhergesagt bewegt.
Allerdings wurde die langsam sinkende Effizienz des BND in den letzten Jahren von Reinhard Gehlen deutlich. Bereits 1961 war klar, dass der BND einige Männer beschäftigte, die sowjetische „Maulwürfe“ waren; sie stammten aus der früheren Organisation Gehlen. Ein Maulwurf, Heinz Felfe, wurde 1963 wegen Landesverrats verurteilt. Andere wurden während Gehlens Amtszeit nicht enttarnt.
Gehlens Weigerung, Berichte mit fragwürdigem Inhalt zu korrigieren, belastete die Glaubwürdigkeit der Organisation, und schillernde Erfolge wurden zur seltenen Ware. Ein altgedienter Agent bemerkte damals, dass der BND-Teich damals einige Sardinen enthielt, obwohl er einige Jahre zuvor noch voller Haie gewesen war.
Die Tatsache, dass der BND trotz ostdeutscher Stasi-Einmischung, internem Fehlverhalten, Ineffizienz und Machtkämpfen gewisse Erfolge verbuchen konnte, war in erster Linie ausgewählten Mitarbeitern zu verdanken, die es auf sich nahmen, aufzustehen und die damals bestehenden Missstände zu überwinden. Die Abkehr von der Verantwortung durch Reinhard Gehlen war das Bösartige; Vetternwirtschaft blieb allgegenwärtig (zeitweise hatte Gehlen 16 Mitglieder seiner Großfamilie auf der Gehaltsliste des BND). Nur langsam setzte sich die jüngere Generation durch und ersetzte einige der schlechten Gewohnheiten, die vor allem durch Gehlens halbrentnerische Haltung und häufige Urlaubsabwesenheit verursacht wurden, durch neue Ideen.
Gehlen wurde im April 1968 aufgrund eines „politischen Skandals in den eigenen Reihen“ entlassen, wie es in einer Quelle heißt. Sein Nachfolger, Bundeswehr-Brigadegeneral Gerhard Wessel, forderte sofort ein Programm zur Modernisierung und Verschlankung. Mit den politischen Veränderungen in der westdeutschen Regierung und der Einsicht, dass der BND nur noch wenig effizient war, begann der Dienst mit dem Wiederaufbau. Jahre später hieß es in Wessels Nachruf in der Los Angeles Times, dass ihm „die Modernisierung des BND durch die Einstellung von akademischen Analytikern und Elektronikspezialisten zugeschrieben wird“.
Die Memoiren von Reinhard Gehlen, The Service, The Memoirs of General Reinhard Gehlen (englischer Titel), wurden 1977 veröffentlicht (World Publishers, New York). In einer von der CIA veröffentlichten Rezension des Buches heißt es über Gehlens Leistungen und Führungsstil
„Gehlens Beschreibungen der meisten seiner sogenannten Erfolge im Bereich der politischen Aufklärung sind meiner Meinung nach entweder Wunschdenken oder Selbsttäuschung. … Gehlen war nie ein guter Geheimdienstler, noch war er ein besonders guter Verwalter. Und genau darin lag sein Versagen. Die Organisation Gehlen/BND hatte immer eine gute Bilanz beim Sammeln von militärischen und wirtschaftlichen Informationen über Ostdeutschland und die sowjetischen Kräfte dort. Aber diese Informationen stammten größtenteils aus Beobachtungen und nicht aus heimlicher Durchdringung“.
1970s
Der zweite Präsident der Agentur, Gerhard Wessel, trat 1978 in den Ruhestand. Seinem Nachruf in der Los Angeles Times vom August 2002 zufolge war der „ehemalige Geheimdienstoffizier in Adolf Hitlers antisowjetischer Spionageabteilung“ … „das Verdienst, den BND durch die Einstellung von akademischen Analytikern und Elektronikspezialisten modernisiert zu haben“. Der Nachruf des New York Times News Service lobte die vielen Erfolge des BND unter Wessel, wies aber auch darauf hin, dass es „eine Reihe von Vorfällen gab, bei denen Ostdeutsche die westdeutsche Regierung, insbesondere die Nachrichtendienste, unter der Aufsicht von General Wessel infiltrierten“.
Olympische Bombenanschläge in München
Die Entführung und Ermordung israelischer Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München war für den BND ein einschneidendes Ereignis, nachdem andere Länder ihn frühzeitig gewarnt hatten, denn es veranlasste die Behörde, Kapazitäten zur Terrorismusbekämpfung aufzubauen.
Erwerb der Crypto AG
1970 kauften die CIA und der BND die Schweizer Informations- und Kommunikationssicherheitsfirma Crypto AG für 5,75 Millionen Dollar. Bereits 1967 hatte der BND zusammen mit dem französischen Geheimdienst versucht, das Unternehmen von seinem Gründer Robert Hagelin zu kaufen. Dieses Geschäft scheiterte jedoch an der Weigerung von Hagelin, der bereits mit der CIA zusammenarbeitete. Die CIA kooperierte zu dieser Zeit nicht mit den Franzosen. Nach Verhandlungen mit den USA trat der BND 1969 erneut an Hagelin heran und kaufte das Unternehmen gemeinsam mit dem US-Geheimdienst. Crypto AG produzierte und verkaufte weltweit Funk-, Ethernet-, STM-, GSM-, Telefon- und Faxverschlüsselungssysteme. Zu den Kunden gehörten der Iran, Libyen, Militärjuntas in Lateinamerika, die Atomwaffenrivalen Indien und Pakistan und sogar der Vatikan. Der BND und die CIA manipulierten die Geräte des Unternehmens, um die Codes zu entschlüsseln, mit denen die Länder verschlüsselte Nachrichten verschickten.
1980s
Libysche Bombenanschläge in Deutschland
1986 entschlüsselte der BND den Bericht der libyschen Botschaft in Ost-Berlin über die „erfolgreiche“ Durchführung des Berliner Diskothekenanschlags 1986.
Infiltration in die Stasi-Zentrale
Laut einem Interview mit dem Stasi-Überläufer Oberst Rainer Wiegand wurden BND-Agenten beauftragt, die Anti-Stasi-Proteste in Ostdeutschland zu nutzen, um heimlich Akten aus dem Gebäude Nr. 2 zu beschaffen, in dem die Spionageabwehr untergebracht war. Wiegand half dabei, indem er die Baupläne des Gebäudes zur Verfügung stellte und angab, welche Büros die Agenten vorrangig aufsuchen sollten.
Operation Sommerregen
Die Operation Sommerregen war eine streng geheime gemeinsame Mission des [ Bundesnachrichtendienstes und von Spezialeinheiten der Bundeswehr während des sowjetisch-afghanischen Krieges in den 1980er Jahren. Hauptziel der Operation war es, Informationen über die von den sowjetischen Streitkräften eingesetzten Waffensysteme zu sammeln.
1990s
Bespitzelung von Journalisten
Im Jahr 2005 kam es zu einem öffentlichen Skandal (dem so genannten Journalistenskandal), als bekannt wurde, dass der BND seit Mitte der 1990er Jahre eine Reihe deutscher Journalisten überwacht hatte, um die Quelle von Informationslecks des BND über die Aktivitäten des Dienstes im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg und dem „Krieg gegen den Terror“ zu ermitteln. Der Bundestag setzte einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein, um die Vorwürfe zu untersuchen. Der Ausschuss beauftragte den ehemaligen Bundesgerichtshof-Richter Dr. Gerhard Schäfer als Sonderermittler, der einen Bericht veröffentlichte, der illegale BND-Operationen mit und gegen Journalisten zwischen 1993 und 2005 bestätigte. Daraufhin erließ das Bundeskanzleramt zum Schutz des Dienstes eine Verfügung, die operative Maßnahmen des BND gegen Journalisten verbot.
Der Ausschuss veröffentlichte 2009 einen Abschlussbericht, der die Vorwürfe größtenteils bestätigte und die Absicht feststellte, den BND vor der Weitergabe von Verschlusssachen zu schützen, sowie einen Mangel an Aufsicht innerhalb der Führungsebene des Dienstes feststellte, aber keine verantwortlichen Mitglieder innerhalb der Regierung benannte.
Tiitinen-Liste
1990 übergab der BND dem finnischen Nachrichtendienst die so genannte Tiitinen-Liste, die angeblich Namen von Finnen enthielt, von denen man annahm, dass sie Verbindungen zur Stasi hatten. Die Liste wurde als Verschlusssache eingestuft und in einem Safe eingeschlossen, nachdem der Direktor des finnischen Geheimdienstes, Seppo Tiitinen, und der finnische Staatspräsident Mauno Koivisto festgestellt hatten, dass sie auf vagen Andeutungen und nicht auf handfesten Beweisen beruhte.
ungenehmigte Waffenexporte
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1991 beantragte Israel den Zugang zu Waffensystemen der DDR. Im März 1991 beschloss ein Parlamentsausschuss, die beantragten Waffen nicht an Israel zu liefern. Sechs Monate später veranlasste der BND unter der Leitung von BND-Direktor Volker Foertsch in Zusammenarbeit mit Teilen des Bundesverteidigungsministeriums, jedoch ohne politische Freigabe, mehrere Transfers der beantragten DDR-Waffensysteme (ein SA-6-System, eine ZSU-23/4 und andere Ausrüstung) nach Israel. Die Transporte wurden über die Häfen und Flughäfen Hamburg, Wilhelmshaven, Manching und Alhorn abgewickelt. Ende 1991 wurde eine als „landwirtschaftliche Maschinen“ bezeichnete Lieferung unerwartet von der Wasserschutzpolizei kontrolliert und es wurden Waffen entdeckt. Ein Staatsanwalt leitete Ermittlungen ein und der designierte BND-Aufsichtsratschef Willy Wimmer kam zu dem Schluss, dass die Kontrolle über den BND verloren gegangen sei. Ein verärgerter Bundeskanzler Helmut Kohl nannte den Dienst „Idioten“. Wenige Wochen später stuften BND-Präsident Konrad Porzner und Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg die Transfers als unproblematisch ein, da die Geräte nur zur Erprobung übergeben wurden und danach zurückgegeben werden sollten.
2000s
Förderung der Invasion im Irak
Am 5. Februar 2003 sprach sich Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat für einen Militärschlag gegen den Irak aus. Powell stützte seine Argumentation auf Informationen, die er vom BND und nicht von Hans Blix und der IAEO erhalten hatte. Der BND hatte Informationen von einem Informanten namens Rafid al-Janabi alias CURVEBALL gesammelt, der behauptete, der Irak sei im Besitz von Massenvernichtungswaffen und foltere und töte seit über 20 Jahren jedes Jahr über 1.000 Dissidenten. Rafid war vor und nach dem Vorfall von 2003 beschäftigt, der schließlich zur Invasion des Irak führte. Die Zahlungen in Höhe von 3.000 Euro monatlich wurden von der Deckfirma Thiele und Friedrichs (München) geleistet. Aufgrund der vorzeitigen Kündigung klagte al-Janabi vor dem Arbeitsgericht München und gewann den Prozess.
Mehrere ehemalige hochrangige BND-Beamte erklärten öffentlich, dass die Behörde die CIA wiederholt davor gewarnt habe, die Informationen von Curveball als Tatsachen zu betrachten. Hanning, der damalige BND-Präsident, formulierte seine diesbezüglichen Bedenken sogar in einem Brief an den damaligen CIA-Direktor George Tenet. Die CIA ignorierte jedoch diese Warnungen und stellte die Informationen als Fakten dar.
Israel gegen Libanon
Nach dem Libanonkrieg 2006 vermittelte der BND geheime Verhandlungen zwischen Israel und der Hisbollah, die schließlich 2008 zum Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hisbollah führten.
Bekämpfung der Steuerhinterziehung
Hauptartikel: Liechtensteiner Steueraffäre 2008
Anfang 2008 wurde aufgedeckt, dass es dem BND gelungen war, hervorragende Quellen innerhalb der liechtensteinischen Banken zu rekrutieren, und dass er seit Anfang der 2000er Jahre Spionageoperationen im Fürstentum durchführte. Der BND vermittelte dem deutschen Finanzministerium den Kauf einer CD im Wert von 7,3 Millionen Dollar von einem ehemaligen Mitarbeiter der LGT Group – einer liechtensteinischen Bank im Besitz der Herrscherfamilie des Landes. Während das Finanzministerium das Geschäft mit der Begründung verteidigt, dass es zu mehreren hundert Millionen Dollar an Steuernachzahlungen führen würde, bleibt der Verkauf umstritten, da eine Regierungsbehörde für möglicherweise gestohlene Daten bezahlt hat.
Kosovo
Im November 2008 wurden drei deutsche BND-Agenten im Kosovo festgenommen, weil sie angeblich eine Bombe auf das Internationale Zivilbüro der Europäischen Union geworfen hatten, das die Regierungsführung im Kosovo überwacht. Später hatte die „Armee der Republik Kosovo“ die Verantwortung für den Bombenanschlag übernommen. Laboruntersuchungen hatten keine Beweise für eine Beteiligung der BND-Agenten ergeben. Allerdings wurden die Deutschen nur 10 Tage nach ihrer Verhaftung wieder freigelassen. Es wurde vermutet, dass die Verhaftung eine Racheaktion der kosovarischen Behörden für den BND-Bericht über die organisierte Kriminalität im Kosovo war, in dem sowohl der kosovarische Ministerpräsident Hashim Thaçi als auch der ehemalige Ministerpräsident Ramush Haradinaj weitreichender Verstrickungen in die organisierte Kriminalität beschuldigt werden.
Österreich
Laut Berichten in Der Standard und profil hat der BND zwischen 1999 und 2006 in Österreich Spionage betrieben und unter anderem die Internationale Atomenergiebehörde, die Organisation erdölexportierender Länder, die Austria Presse Agentur, Botschaften sowie österreichische Banken und Ministerien ausspioniert. Die österreichische Regierung hat Deutschland aufgefordert, die Vorwürfe aufzuklären.
2010s
Siehe auch: Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten
2014 wurde ein BND-Mitarbeiter verhaftet, weil er geheime Dokumente an die Vereinigten Staaten weitergegeben haben soll. Er wurde verdächtigt, Dokumente über den Untersuchungsausschuss zur NSA-Spionage in Deutschland weitergegeben zu haben. Die deutsche Regierung reagierte auf diese Spionage mit der Ausweisung des obersten CIA-Beamten in Berlin. Im Dezember 2016 veröffentlichte WikiLeaks 2.420 Dokumente des BND und des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV). Die veröffentlichten Materialien waren 2015 im Rahmen einer parlamentarischen Untersuchung zu den Überwachungsaktivitäten des BND und seiner Zusammenarbeit mit der US National Security Agency vorgelegt worden. Der BND speichert den Angaben zufolge täglich 220 Millionen Metadatensätze. Das heißt, es wird aufgezeichnet, mit wem, wann, wo und wie lange jemand kommuniziert. Diese Daten werden angeblich auf der ganzen Welt gesammelt, aber die genauen Standorte sind bis heute unklar. Der Bundestags-Untersuchungsausschuss zur NSA-Spähaffäre hat aufgedeckt, dass der deutsche Geheimdienst die Kommunikation sowohl über Satelliten als auch über Internetkabel abfängt. Sicher scheint zu sein, dass die Metadaten nur aus dem so genannten „Auslandswahlverkehr“ stammen, also aus Telefongesprächen und Textnachrichten, die über Handys und Satelliten geführt und versendet werden. Von diesen 220 Millionen Daten, die täglich anfallen, wird ein Prozent für 10 Jahre „zur Langzeitanalyse“ archiviert. Offensichtlich enthält diese Langzeitspeicherung jedoch keine Internetkommunikation, Daten aus sozialen Netzwerken oder E-Mails.
Im Dezember 2022 wurde ein hochrangiger Mitarbeiter des BND wegen angeblichen Landesverrats verhaftet. Carsten L. soll Informationen aus seiner beruflichen Tätigkeit an den russischen Inlandsgeheimdienst FSB weitergegeben haben. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm Landesverrat vor, weil es sich um Staatsgeheimnisse gehandelt haben soll.
Neuer Hauptsitz
Die neue BND-Zentrale in Berlin, in der Nähe der ehemaligen Berliner Mauer, wurde 2017 fertiggestellt. Bei der offiziellen Eröffnung im Februar 2019 gab Angela Merkel, die damalige Bundeskanzlerin, diese Erklärung ab: „In einer oft sehr unübersichtlichen Welt braucht Deutschland heute dringender denn je einen starken und leistungsfähigen Auslandsnachrichtendienst“. Damals wurde erwartet, dass rund 4.000 Mitarbeiter von der ehemaligen Zentrale in Pullach, einem Vorort von München, an diesen Standort umziehen würden. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter des Amtes in Deutschland und im Ausland lag bei etwa 6.500.
Struktur
Der Bundesnachrichtendienst gliedert sich in die folgenden Abteilungen:
Regionale Auswertung und Beschaffung A (LA) und Regionale Auswertung und Beschaffung B (LB) (Regionale Analyse und Beschaffung, A/B-Länder) Internationaler Terrorismus und Internationale Organisierte Kriminalität (TE) (Terrorismus und Internationale Organisierte Kriminalität) Proliferation, ABC-Waffen, Wehrtechnik (TW) (Proliferation, ABC-Waffen) Technische Aufklärung (TA) (Signal Intelligence) Gesamtlage und unterstützende Fachdienste (GU) (Lagezentrum) Informationstechnik (IT) (Informationstechnik) Zentralabteilung (ZY) (Zentrale Dienste) Eigensicherung (SI) (Sicherheit) Umzug (UM) (Umsiedlung [nach Berlin])
Aufklärung von Signalen
Der BND ist zuständig für die weltweite Überwachung, Sammlung und Verarbeitung von Informationen und Daten für Zwecke der Auslands- und Inlandsaufklärung und der Spionageabwehr mit Inhalten von deutschem Interesse. Die Abteilung Technische Aufklärung (TA) ist die bedeutendste Einheit innerhalb des BND und hat die höchste Mitarbeiterzahl. Die Abteilung ist in der ehemaligen BND-Zentrale in Pullach, Bayern, untergebracht. Eine der wichtigsten SIGINT-Stationen nach dem Zweiten Weltkrieg war die Station Bad Aibling, die jahrzehntelang in Zusammenarbeit mit der National Security Agency (NSA) betrieben wurde. Außerdem die Stationen Gablingen, Rheinhausen, Schöningen, Starnberg-Söcking und Stockdorf.
Der BND betreibt keine eigenen Satelliten, sondern nutzt Aufklärungssatelliten der Bundeswehr (SARAH-System), von ausländischen Partnern oder kommerziellen Anbietern. Das erste eigene BND-Satellitenprojekt startete 2016. Die Systeme werden von OHB gebaut und sollen ab 2022 im Einsatz sein. Nach Recherchen deutscher Medien hat sich der Start verzögert und der BND wird voraussichtlich erst 2025 Satelliten ins All schießen können.
Die Präsidenten des BND
Der Leiter des Bundesnachrichtendienstes ist sein Präsident. Seit 1956 haben die folgenden Personen dieses Amt inne:
Der Präsident des BND ist ein Bundesbeamter, der nach der BBesO-Ordnung B, B9 besoldet wird, was der Bezahlung eines Generalleutnants entspricht.
Stellvertreter
Der Präsident des BND hat drei Stellvertreter: einen Vizepräsidenten, einen Vizepräsidenten für militärische Angelegenheiten (seit Dezember 2003) und einen Vizepräsidenten für zentrale Funktionen und Modernisierung (möglicherweise seit 2013). Vor Dezember 2003 gab es nur einen Vizepräsidenten. Die folgenden Personen haben dieses Amt seit 1957 inne:
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