9/11 Kommission
Infoline
09/11 Kommission (90)
Weiterlesen...Mehrere frühere Mitglieder und Zeugen der Kommission, darunter Bob Graham, räumten 2010 gegenüber Philip Shenon ein, dass die NSA-Akten aus Zeitmangel unzureichend geprüft worden waren. Da die NSA schon damals über 50 Prozent aller von US-Geheimdiensten gesammelten Informationen gesammelt habe, könne man bei ihr sicher noch unbekannte Daten zu Al-Qaida und deren Anschlagsplan finden. Vermutet werden engere Verbindungen Al-Qaidas zu ausländischen Staatsregierungen und deutlichere Warnungen vor den Anschlägen als bisher bekannt. So könne man eventuell herausfinden, ob ein saudischer Diplomat in Los Angeles, der 2000 nachweislich Kontakte zu al-Hazmi und Mihdhar in San Diego hatte, diese bei ihrer Anschlagsvorbereitung unterstützt habe.
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Weiterlesen...Ein NSA-Sprecher erklärte dazu, man habe der 9/11-Kommission 2004 Zugang zu allen Dokumenten, Mitarbeitern und Quellen der NSA gewährt. Er ließ offen, ob die Kommissionsvertreter das Archiv damals angemessen geprüft hatten. Unklar ist besonders, ob die NSA abgehörte Telefonate von Al-Qaida-Angehörigen herausgab. John R. Schindler, ein früherer NSA-Analyst, forderte Kongressabgeordnete und andere auf, das NSA-Material zu prüfen, das der 9/11-Kommission entgangen sei.
2013 warnten Kean und Hamilton, die NSA-Datensammlung sei außer Kontrolle geraten und gehe viel zu weit. Es gebe keinen wirklichen Überblick über die NSA-Überwachungsprogramme. Deren Aufdeckung würde die nationale Sicherheit nicht gefährden; Massenüberwachung sei dafür nicht nötig. Trotz guter Anfangsabsichten werde sie unausweichlich später missbraucht.91 / 91 / 13909/11 Kommission (92)
Weiterlesen...Inhaltliche Mängel
Keine Benennung Verantwortlicher
Die Kommission hatte sich bewusst entschieden, Schuldzuweisungen an Bush und seine Regierung zu vermeiden, um einen einmütigen, überparteilichen Bericht zu erreichen. Das Familienkomitee und andere kritisierten, dass der Bericht keine bestimmten Personen für das Behördenversagen vor den Anschlägen verantwortlich machte und keine personellen Konsequenzen forderte.92 / 92 / 13909/11 Kommission (93)
Weiterlesen...Benjamin DeMott kritisierte im Juli 2004 scharf: Der 9/11-Bericht sei Täuschung und Betrug. Auf Bushs offenkundige Lüge, niemand habe ihn über Terrorzellen informiert, die in den USA aktiv waren, habe niemand gewagt, ihn mit gegenteiligen Zeugenaussagen zu konfrontieren. Bushs Behauptung, das PDB vom 6. August 2001 sei „historischer Natur“, widerspreche eindeutig dessen Wortlaut. Seiner Behauptung, Al-Qaida sei ihm schon lange als tödliche Gefahr bekannt gewesen, habe seine Passivität vor dem 11. September widersprochen. Auf seine wenigen Aktionen zum Antiterrorkampf (einer Bitte an Pakistan um Unterstützung und einer Presse-Erklärung, Cheney leite eine Taskforce zur Prüfung von Terrorgefahren für das Inland) sei nichts gefolgt. Die Kommission hätte das herausstellen und klären müssen, ob Bush begriffen habe, dass er durch Hören auf die Warnungen seiner Experten die Angriffe möglicherweise hätte verhindern können. Das PDB vom 6. August habe 70 laufende FBI-Ermittlungen zu Al-Qaida behauptet, von denen die Joint Inquiry nichts gefunden habe.
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Weiterlesen...Das PDB habe auch klar von einer Zelle in den USA gesprochen, indem sie verdächtiges Verhalten von Terrorverdächtigen in New York erwähnte. Bushs Aussage, er hätte gehandelt, wenn er davon gewusst hätte, hätte man die Aussagen der FBI- und CIA-Experten entgegenhalten müssen, die eben wegen Passivität ihrer Vorgesetzten gegenüber Schläferzellen in den USA verzweifelt um Entlassung von ihren Posten gebeten hatten.
Die Kommissionsmitglieder Richard Ben-Veniste und Bob Kerrey gaben ihre Zurückhaltung nach Bushs Wiederwahl auf und erklärten seit 2006: Bush habe trotz klarer Warnungen vor Al-Qaida-Anschlägen in den USA überhaupt nichts getan, um daraufhin die Sicherheit der US-Bürger zu erhöhen. Antiterrorexperte Richard Clarke bestätigte dies 2009.94 / 94 / 13909/11 Kommission (95)
Weiterlesen...2008 berichtete der langjährige New-York-Times-Reporter Philip Shenon in seinem Buch The Commission über viele Konflikte in der Kommission. Die meisten Stabsmitglieder hätten sich ernsthaft um gründliche Aufklärung bemüht, seien aber immer wieder durch politische Interessen behindert worden. Der Wille zur Einigkeit habe bewirkt, dass der Bericht kaum Verantwortlichkeit festgestellt und Werturteile über persönliches Versagen möglichst vermieden habe. So seien die Urteile über Clinton, Bush und ihre Berater viel zu milde ausgefallen. Viele Pannen und Fehler im Vorfeld der Anschläge seien verschleiert worden, etwa dass Generalbundesanwalt Ashcroft nur Tage vor den Anschlägen keine weiteren FBI-Berichte über Anschlagspläne in den USA mehr hören wollte und später die Aufklärung dieser seiner Aussage persönlich verhindern wollte. Condoleezza Rice habe die Kommission mit ihrer Fehldeutung des PDB vom 6. August 2001 unter Eid belogen.
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Weiterlesen...Im Bericht fehle, dass George Tenet zuerst jedes Treffen mit Bush im August 2001 bestritten habe, dann aber zwei Treffen einräumen musste. Zelikow habe verhindert, einen Vergleich des Antiterroreinsatzes von Clinton (der oft vor Al-Qaida gewarnt hatte) und Bush (der nur allgemein vor Staatsterrorismus gewarnt hatte) in den Bericht aufzunehmen. Zelikow habe auch versucht, eine Verbindung zwischen Saddam Hussein und Al-Qaida nahezulegen, und Stabsmitglieder einzuschüchtern, um für Bush nachteilige Aussagen zu verhindern. – Zelikow wies die Vorwürfe mit einer 131-seitigen Erklärung zurück. Er räumte nur Gespräche ohne politische Inhalte mit Rice und Rove ein. Nach Abschluss des Berichts wurde er Berater für Rice. Shenons Buch wurde weithin für wertvolle Hintergrundinformationen gelobt.
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Weiterlesen...Verzögerte Bekanntgabe von FAA-Warnungen
Ein Stabbericht der 9/11-Kommission vom 26. August 2004 benannte summarisch, welche Sicherheitsvorkehrungen die FAA vor dem 11. September 2001 unterlassen hatte. Demnach hatten US-Geheimdienste die FAA vom 1. April bis 10. September 2001 in 52 von 101 täglichen Warnberichten vor möglichen Angriffen Al-Qaidas und Bin Ladens auf US-Fluglinien gewarnt, darunter fünfmal vor Flugzeugentführungen und zweimal vor Selbstmordanschlägen, jedoch ohne diese zu verknüpfen. Die FAA warnte die Flughäfen der USA im Frühjahr 2001: Entführer, die keine Geiseln gegen Gefangene austauschen wollten, würden wahrscheinlich eher Inlandsflüge für spektakuläre Selbstmordanschläge entführen. Sie verschärfte aber weder die Flughafenkontrollen noch vermehrte sie bewaffnete Flugbegleiter noch ergänzte sie ihre interne Liste von Terrorverdächtigen. Der Chef der FAA-Sicherheitsabteilung gab vor der Kommission zu, ihm sei die Tipoff-Liste der US-Regierung unbekannt gewesen, die auch zwei Al-Qaida-Verdächtige aufführte. Die Arbeitsgruppe der FAA für Flugsicherheit befasste sich 2001 kein Mal mit den Terrorwarnungen, sondern mit der Reduktion von Verspätungen und Kosten. Die FAA sei, so der Bericht, trotz des rapiden Anstiegs von Terrorwarnungen seit 1990 in einem „falschen Sinn von Sicherheit eingelullt“ gewesen.97 / 97 / 13909/11 Kommission (98)
Weiterlesen...Erst nach einem Medienbericht über die Existenz dieses Berichts gab die US-Regierung Ende Januar 2005 Teile davon frei. Kommissionsmitglieder und Opferfamilien forderten die vollständige Freigabe. Demokratische Kongressabgeordnete kritisierten, Bush habe die Freigabe absichtlich bis nach seiner Wiederwahl verzögert. Der Journalist Robert Scheer warf der US-Regierung vor, sie habe mit der verzögerten Freigabe Bushs Mitverantwortung für den 11. September zu vertuschen versucht. Bush habe aus Rücksicht auf ökonomische Interessen der Fluggesellschaften versäumt, die FAA zu Schutzmaßnahmen wie Air Marshals zu verpflichten. Damit wäre es nicht zu den Anschlägen und den folgenden teuren Kriegen der USA gekommen. Scheer wurde daraufhin seiner Aussage nach fast 30-jähriger Mitarbeit von der Los Angeles Times entlassen.
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Weiterlesen...Nicht erwähntes Dringlichkeitstreffen
Der Journalist Bob Woodward beschrieb 2006 ein Treffen von CIA-Direktor Tenet und dem Chef der CIA-Antiterroreinheit Cofer Black mit Condoleezza Rice am 10. Juli 2001. Tenet habe erstmals einen Sofortbesuch per Telefon erbeten, um auf akute Anschlagsdrohungen Al-Qaidas auch gegen die USA selbst aufmerksam zu machen und sofortige Gegenmaßnahmen zu verlangen. Beide hätten den Eindruck gehabt, Rice habe sie auflaufen lassen und nur die Überprüfung der laufenden Antiterrorpläne zugesagt. Weil weder die Joint Inquiry noch der Kommissionsbericht das Treffen erwähnten, habe Black den Kommissionsmitgliedern nachgesagt, manche Dinge nicht wissen zu wollen. Zelikow habe von dem Treffen gewusst, aber Tenet und Black hätten Ort, Zeit und Art der befürchteten Anschläge nicht gewusst und die geforderte Sofortaktion nicht konkretisiert.99 / 99 / 139