Manipulation, Propaganda & Bewusstseinbeeinflussung
Schwarze Rhetorik
Massenpsychologie (4)
Weiterlesen...Le Bons Arbeiten bilden den Ausgangspunkt von Sigmund Freuds Studie Massenpsychologie und Ich-Analyse, allerdings arbeitete Le Bon über „instabile, sich zusammenrottende Massen (…), während Freud eher höher organisierte, stabile Massen wie Kirche und Heer analysierte.“
Wilhelm Reich formulierte aus seiner eigenen Weiterentwicklung der Psychoanalyse 1933 sein Werk Die Massenpsychologie des Faschismus; Elias Canetti belegt diese These in seinem eher literarisch fundierten Werk Masse und Macht.10 / 10 / 63Massenpsychologie (5)
Weiterlesen...Führungstheorie
Nicht zwangsläufig, aber oft werden Massen bei Le Bon (und Gabriel Tarde) von selbstgewählten – oder zumindest kollektiv anerkannten – Führern angeleitet und dabei mitunter zu Taten verführt, die sie außerhalb der Masse, als Individuen wahrscheinlich nicht begehen würden. Ein Sonderfall solcher Massenführerschaft besteht dann, wenn der Führer es versteht, die geballte Gemeinschaftssolidarität der Masse und damit auch ihr kraftvolles Selbstwertgefühl auf sich zu beziehen. Der Führer „verkörpert“ dann die Masse, ihre Ziele und Werte, ihr Denken und ihre Emotionen; Er stellt sich als ihr „höchster Diener“ dar und wird erst durch diese scheinbare Unterwerfung ihr Herr. Dies kann soweit führen, dass die außerordentlich ausgeprägte gegenseitige Sympathie, die die Angehörigen der Masse füreinander aufbrachten, nun mehr und mehr auf den Führer konzentriert wird: Die Masse beginnt ihren Führer zu lieben und zu verherrlichen, wie ein Verliebter das Objekt seines Begehrens kritiklos liebt und verherrlicht. Hier entsteht, was in der Sozialpsychologie (z. B. bei Gabriel Tarde) unter dem Begriff der charismatischen (oder nimbusgeleiteten) Massenführerschaft zu verstehen ist.11 / 11 / 63Massenpsychologie (6)
Weiterlesen...Die Führerverherrlichung mündet ein in die Zuschreibung besonderer „genialer“, „wunderbarer“, ja fast „göttlicher Eigenschaften“, oder „Gnadengaben“, die den Führer zur Leitung der Masse besonders befähigen und das „blinde Vertrauen“, das man in ihn setzt, rechtfertigen. Phantasievolle Legenden, Anekdoten und Gerüchte der Masse, mithin aber auch gezielte Massenpropaganda des Führers und seiner Gefolgschaft bestätigen und festigen solche wertgebenden Zuschreibungen. Die Masse beginnt an ihren Führer zu glauben, wie an eine Heilsgestalt. Blinder Massengehorsam, bis „in den Tod“ wird dem Führer zuweilen freiwillig entgegengebracht und nach seiner Etablierung von ihm wie selbstverständlich eingefordert. Charismatische Massenführerschaft dieser extremen Form, die im Falle religiöser, militärischer und politischer Führerschaft am häufigsten auftritt, wird begünstigt durch den „Messianismus der Massen“ (Michael Günther), einer Ausformung der besonders ausgeprägten Religiosität der Massen, von der schon bei Le Bon die Rede ist. Dieser Messianismus schafft ein Machtvakuum, eine „charismatische Lücke“ (ebd.):
12 / 12 / 63Massenpsychologie (7)
Weiterlesen...Annäherungstheorie
Die Annäherungstheorie (engl. Convergence theory) postuliert, dass das Massenverhalten nicht von der Masse selbst ausgeht, sondern von einzelnen Individuen in die Gruppe hineingetragen wird. Die Gruppenbildung selbst läuft auf die Annäherung von Individuen mit ähnlicher Gesinnung hinaus. Mit anderen Worten ausgedrückt: Die Ansteckungstheorie besagt, dass Gruppen Menschen zu bestimmtem Handeln veranlassen; die Annäherungstheorie dagegen sagt das Gegenteil: Menschen, die in einer bestimmten Weise handeln wollen, schließen sich zusammen.13 / 13 / 63Massenpsychologie (7)
Weiterlesen...Anwendungsgebiete
Neben der Politik ist die Ökonomie ein wichtiges Anwendungsgebiet, in welchem sich die massenpsychologische Forschung etablieren kann. Dazu gehörte schon für Elias Canetti das Verhalten in der Inflation („Hexensabbat der Entwertung“, MuM, 205) oder heute der Finanzmarkt. Die Zusammenführung von Wissen über Anlegerverhalten mit den Erkenntnissen der Massenpsychologie offenbart neue Modelle und Herangehensweisen für realistischere Erklärungskonzepte der Finanzmarktdynamik. Denn der Konjunktur von Boom und Depression ist ein wiederkehrendes Element in der Finanzmarktgeschichte und traditionellen ökonomischen Theorien und Finanzmarktmodelle (z. B. Markteffizienzhypothese) versagen aber bei der Erklärung und Vorhersage solcher Trends und den ihnen zugrundeliegenden Verhaltensweisen der Marktteilnehmer. Denn sie berücksichtigen nicht den gesamten Menschen, sondern nur eine akademische Abstraktion jener Aspekte des menschlichen Verhaltens, die sie für ökonomisch relevant halten. Und sie vergessen auch die Gesellschaft, mit der die Märkte untrennbar verbunden sind. Und genau an diesem Punkt setzt die Massenpsychologie, die unter anderem auf den Konzepten der gegenseitigen sozialen und psychologischen Ansteckung sowie der menschlichen Neigung zur Orientierung und Nachahmung anderer im sozialen Umfeld basiert, an.14 / 14 / 63Massenpsychologie (8)
Weiterlesen...Die Erforschung kollektiver Dynamiken liefert noch einen weiteren Beitrag zum besseren Verständnis der Prozesse an den Finanzmärkten, indem sie auf den Zusammenhang zwischen kurzfristigen Entwicklungen und langfristigen Veränderungsprozessen hinweist. Basierend auf dem Prinzip langer und kurzer Zyklen wird in der Massenpsychologie zwischen bewusst erkannten, kurzlebigen Auswirkungen und den ihnen zugrunde liegenden langsamen, subtilen und oftmals nicht erkannten Entwicklungen unterschieden. Durch diese zentrale Erkenntnis, die im Wesentlichen schon auf Gustave LeBon zurückgeht, leistet die massenpsychologische Forschung einen Beitrag zur Beschreibung des Zusammenwirkens eines seit den 1960er Jahren angehäuften Schuldenbergs und der periodischen Entstehung von Boom-Krisen-Zyklen während der vergangenen Jahrzehnte.
15 / 15 / 63Kontrast-Effekt
Weiterlesen...Ein Kontrast-Effekt ist eine kognitive Verzerrung, die zu einer intensiveren Wahrnehmung einer Information führt, welche zusammen mit einer im Kontrast stehenden Information präsentiert wird.
Kontrasteffekte in der Sozialpsychologie
Ein Kontrasteffekt bezeichnet auch eine Tendenz bei Urteilsbildungen und sozialen Vergleichen. Ein Objekt, das eine mittlere Beurteilung (bei isolierter Beurteilung) erhält, wird positiver beurteilt, wenn ihm ein negativ beurteiltes Objekt vorangeht (positiver Kontrasteffekt), und negativer, wenn ihm ein positiv bewertetes Objekt vorausgeht (negativer Kontrasteffekt).16 / 16 / 63Kontrast-Effekt (2)
Weiterlesen...Beurteilungen gehen oft Vergleichsprozesse voraus, da zum Beispiel bei der Einschätzung, ob ein hohes, mittleres oder geringes Ausmaß einer Eigenschaft vorhanden ist, eine Norm oder ein anderer Vergleichsstandard erforderlich ist. Bei Beurteilungen von Eigenschaften (z. B. Pünktlichkeit, Gewissenhaftigkeit, Attraktivität) beziehen sich diese Vergleiche häufig auf das Selbst, da die Repräsentationen des Selbst im Gedächtnis leicht abrufbar ist. Bei sozialen Vergleichsprozessen spielen aber auch andere Vergleichsstandards eine Rolle, z. B. Geschwister, Mitschüler, Kollegen etc. Urteilsbildungen sind daher immer kontextabhängig. Bei Kontexteffekten kann man allgemein zwischen Kontrasteffekten und Assimilationseffekten (stehen im Gegensatz zu Kontrasteffekten) unterscheiden. Bei einem Kontrasteffekt werden die Handlungen oder Eigenschaften anderer Personen in Abgrenzung vom eigenen Standpunkt eingeschätzt. Kontrasteffekte treten häufig bei Unähnlichkeit auf, und in Fällen, in denen bei isolierter Betrachtung eine mittlere Beurteilung stattfinden würde.
17 / 17 / 63Halo-Effekt
Weiterlesen...Halo-Effekt (von englisch halo, Heiligenschein) ist eine aus der Sozialpsychologie bekannte kognitive Verzerrung. Dabei schließt man von bekannten Eigenschaften einer Person auf unbekannte.
Beispiel: Person A findet Person B sympathisch. Person A findet auch allgemein Menschen sympathisch, die großzügig sind. Falls der Halo-Effekt auftritt, wird Person A nun annehmen, dass Person B großzügig ist, ohne dafür irgendeinen Hinweis zu haben.
Bei einer positiven Verzerrung spricht man auch vom Heiligenschein-Effekt, bei einer negativen vom Teufelshörner-Effekt.18 / 18 / 63Halo-Effekt (2)
Weiterlesen...Befragungen
Der Halo-Effekt kann auch in einem Fragenkatalog auftreten und zu einer Antwortverzerrung führen. Einzelne Fragen können andere „überstrahlen“. Wenn beispielsweise die vorhergehende Frage bestimmte Gedanken oder Gefühle auslöst, kann dies Auswirkungen auf die Antwort der nächsten Frage haben. Der Halo-Effekt muss daher bei der Konstruktion eines Fragebogens beachtet werden. Gezielt eingesetzt wird der Halo-Effekt bei Trickfragen.
Unterhaltungsindustrie
In der Unterhaltungsindustrie wird der Begriff Halo-Effekt auch für die Beeinflussung der Wahrnehmung beim Konsum verwandter Content-Produkte verwendet. Bewerten wir z. B. einen Film positiv, wird auch unsere Wahrnehmung von Fortsetzungen positiv verfälscht.19 / 19 / 63