Manipulation, Propaganda & Bewusstseinbeeinflussung
Dialektik
Eristische Dialektik (38)
Weiterlesen...20. Beweise erschleichen
Hat der Gegner die Prämissen eines Schlusses zugestanden, so wird dennoch selbst der Schluss gezogen, wobei fehlende Prämissen stillschweigend ergänzt werden (eine Anwendung der fallacia non causae ut causae), ohne dem Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.60 / 60 / 81Eristische Dialektik (39)
Weiterlesen...21. Strategeme spiegeln
Verwendet der Gegner ein bloß scheinbares oder sophistisches Argument, so wird nicht der Trick aufgeklärt, sondern stattdessen mit einem Gegenargument der gleichen Art (z. B. ad hominem, ex concessis, ad populum) entlarvt. So wird eine lange Sachdebatte vermieden.61 / 61 / 81Eristische Dialektik (40)
Weiterlesen...22. Argument als petitio ausgeben
Fordert der Gegner Zustimmung zu einem Argument, das absehbar das strittige Problem zu seinen Gunsten löst, so wird das Argument mit Verweis auf eine petitio principii (Zirkelschluss) zurückgewiesen. Da das Argument Thesen enthält, die der Zielbehauptung inhaltlich ähneln, können Gegner und Zuhörer überzeugt werden, dass diese Thesen genauso beweisbedürftig wären.62 / 62 / 81Eristische Dialektik (41)
Weiterlesen...Kunstgriffe 23–26
Die Kunstgriffe 23–26 sollen den Gegner dazu bringen, sich selbst zu widerlegen.
23. Übertreibung provozieren
Durch Widerspruch wird der Gegner zur Übertreibung der Behauptung gebracht, sodass Bedingungen und Einschränkungen der Behauptung aufgehoben werden. In diesem Fall greift Kunstgriff 1: Die Erweiterung der Behauptung wird widerlegt und zugleich damit die Widerlegung der Behauptung behauptet. Als Gegenmaßnahme müssen immer die Grenzen der eigenen Behauptung klargestellt werden.63 / 63 / 81Eristische Dialektik (42)
Weiterlesen...24. Durch Konsequenzen widerlegen
Aus der Behauptung des Gegners werden Fehlschlüsse gezogen, die seiner Meinung und der des Publikums widersprechen, oder sogar sich selbst oder anerkannten Wahrheiten widersprechen. Die Widerlegung dieser Konsequenzen gilt als eine indirekte Widerlegung der Behauptung (Reductio ad absurdum). Durch eine Anwendung der fallacia non causae ut causae (wie im 20. Kunstgriff) kann durch Fehlschlüsse aus den Behauptungen des Gegners eine Reductio fingiert werden.64 / 64 / 81Eristische Dialektik (43)
Weiterlesen...25. Widerlegung durch Gegenbeispiel
Eine allgemeine Behauptung wird durch ein einziges Gegenbeispiel widerlegt (exemplum in contrarium) und ihre Negation somit bewiesen. Wendet der Gegner dieses apagoische Beweisverfahren an, so sind folgende Abwehren zu prüfen:
Ist das Gegenbeispiel wahr bzw. real? Und passt das auf die Behauptung (oder betrifft diese selbst Fiktives)?
Ist das Gegenbeispiel tatsächlich ein Beispiel zu der in Frage stehenden Behauptung?
Widerspricht das Gegenbeispiel wirklich der Behauptung?65 / 65 / 81Eristische Dialektik (44)
Weiterlesen...26. Retorsion
Ein Argument oder eine Stützbehauptung, die der Gegner für seinen Standpunkt einsetzen will, werden für ein Gegenargument verwendet (Retorsion). In Schopenhauers Beispiel empfiehlt der Gegner, ein Kind weniger streng zu beurteilen, da es noch ein Kind ist. Das Argument wird umgedreht: Weil es um ein Kind geht, sollten wir strenger sein, damit es die moralischen Regeln lernt, und es auch dann tadeln, wenn es Dinge tut, die bei Erwachsenen schlecht, aber lässlich sind.
Kunstgriffe 27–29
Taktische Kunstgriffe, die nicht so sehr einzelne Behauptungen betreffen, sondern den Verlauf eines Disputs.66 / 66 / 81Eristische Dialektik (45)
Weiterlesen...27. Provokation ausbauen
Argumente und Behauptungen, die den Gegner sichtbar provozieren, werden weiter verfolgt und ausgebaut. So wird zum einen die Provokation (8. Kunstgriff) wiederholt; eine heftige Reaktion ist aber auch als Signal dafür zu sehen, dass man einen Punkt berührt hat, in dem der Gegner seine Argumentation bedroht sieht.67 / 67 / 81Eristische Dialektik (46)
Weiterlesen...28. Argumentum ad auditores
Wenn ein Publikum vorhanden ist, das schlechter informiert ist als die Gegner und es an Argumenten ad rem und ad hominem fehlt, können ungültige Gegenargumente gebraucht werden, solange sie dem Publikum plausibel sein können. Will der Gegner die Ungültigkeit aufzeigen, muss er zunächst das Publikum belehren, das die Belehrung nicht ohne Weiteres akzeptiert.
Ein ungültiger Einwurf, dessen Ungültigkeit aber nur der Sachkundige einsieht, die Hörer jedoch nicht, wird so in ihren Augen das Sachargument schlagen. Besonders wirksam ist das Verfahren, wenn der Einwurf die Behauptung des Gegners lächerlich macht.68 / 68 / 81Eristische Dialektik (47)
Weiterlesen...29. Diversion
Hat der Gegner eine zielführende Argumentation begonnen, gegen die sonst nichts hilft, wird ein Ablenkungsmanöver vollzogen, indem der Gegner von einer neuen, unerwarteten Seite angegriffen wird. Entweder wird dabei vorsichtig ein anderer Aspekt des Themas in den Vordergrund gerückt oder dreist ein ad hominem gegen eine Behauptung ex concessis. Dieses Strategem hält Schopenhauer für weit verbreitet und versteht es daher als Teil der menschlichen Naturbegabung zur Streitführung.69 / 69 / 81