Manipulation, Propaganda & Bewusstseinbeeinflussung
Dialektik
Eristische Dialektik (8)
Weiterlesen...Die Basis aller Dialektik
In der Basis aller Dialektik gibt Schopenhauer grundlegende Einteilungen, die die Dialektik als Regelwerk des Streitgesprächs allgemein bestimmen. Im Wesentlichen gibt es zwei Angriffspunkte, durch die das Rechthaben erstritten werden kann:
Struktur der Dialektischen Eristik,
Quelle: (1)
ad rem (zur Sache), hier werden die Gründe der gegnerischen Position angegriffen und versucht zu zeigen, dass sie falsch sind.
ad hominem (zum Menschen) oder ex concessis, hier werden die Folgen der gegnerischen These oder der Gegner selbst unglaubwürdig gemacht oder es wird aufgezeigt, dass die These aus anderen Gründen nicht akzeptabel ist, auch wenn ihre Wahr- oder Falschheit nicht unmittelbar entschieden werden kann.
Diesen beiden Punkten entsprechen zwei Grundstrategien der direkten und der indirekten Widerlegung.30 / 30 / 81Eristische Dialektik (9)
Weiterlesen...Die direkte Widerlegung greift die These unmittelbar an und soll so zeigen, dass sie nicht wahr ist – entweder indem gezeigt wird, dass die Gründe der Behauptung falsch sind (in Anlehnung an die Syllogistik entweder durch Bestreiten einer allgemeinen Regel, aus der die These folgt nego majorem = „ich bestreite den Obersatz“, oder durch Bestreiten der Einordnung unter diese Regel nego minorem = „ich bestreite den Untersatz“), oder es werden die Gründe akzeptiert, aber bestritten, dass die Behauptung daraus folgert (nego consequentiam = „ich bestreite die Schlussfolgerung“). Unter den letzten Fall fallen auch alle Angriffe auf die Form des Schlusses, die der Gegner zur Begründung seiner These liefert.
31 / 31 / 81Eristische Dialektik (10)
Weiterlesen...Die indirekte Widerlegung greift die These bei ihren Folgen an, d. h., sie weist nach, dass die These nicht akzeptabel ist, weil ihre Konsequenzen bekannten Wahrheiten oder auch nur allgemein akzeptierten Gemeinplätzen widersprechen. Bei der indirekten Widerlegung unterteilt Schopenhauer in Apagoge und Instanz:
Die Apagoge ist der Schluss aus der Falschheit des Gegenteils: Nimm den Satz zunächst als wahr an. Dann suche einen beliebigen anderen wahren Satz, der mit dem ersten, also der These, in Zusammenhang gebracht werden kann. Diese beiden bilden eine neue Prämisse und aus dieser wiederum entwirf nun eine Konklusion, die augenscheinlich falsch ist – und weil jene Folgerung falsch war, muss die Prämisse auch falsch gewesen sein (siehe auch: Implikation).
Die Instanz: Zeige, dass die allgemeine Hauptaussage der These auf einen beliebigen speziellen Fall nicht anwendbar ist, somit wäre die These auch als falsch entlarvt.32 / 32 / 81Eristische Dialektik (11)
Weiterlesen...„Dies ist das Grundgerüst, das Skelett jeder Disputation: wir haben also ihre Osteologie. Denn hierauf läuft im Grunde alles Disputieren zurück: aber dies alles kann wirklich oder nur scheinbar, mit echten oder mit unechten Gründen geschehn; und weil hierüber nicht leicht etwas sicher auszumachen ist, sind die Debatten so lang und hartnäckig. Wir können auch bei der Anweisung das wahre und scheinbare nicht trennen, weil es eben nie zum voraus bei den Streitenden selbst gewiß ist: daher gebe ich die Kunstgriffe ohne Rücksicht, ob man objektive Recht oder Unrecht hat; denn das kann man selbst nicht sicher wissen: und es soll ja erst durch den Streit ausgemacht werden. Übrigens muß man, bei jeder Disputation oder Argumentation überhaupt, über irgend etwas einverstanden sein, daraus man als einem Prinzip die vorliegende Frage beurteilen will: Contra negantem principia non est disputandum. [Mit einem, der die Anfangssätze bestreitet, ist nicht zu streiten].“
– Schopenhauer33 / 33 / 81Eristische Dialektik (12)
Weiterlesen...Die Kunstgriffe der Eristischen Dialektik
Gute Diskussionsgegner zeichnen sich demnach dadurch aus, dass sie die Wahrheit schätzen, gern gute Argumente hören und diese dem Gegner nicht neiden. Sie sollten zudem die Größe haben, es ertragen zu können, unrecht zu behalten, wenn die Wahrheit auf der gegnerischen Seite liegt.
Es folgt eine knappe Auflistung der 38 Kunstgriffe in der Reihenfolge, die Schopenhauer ihnen gegeben hat, auch wenn er darin keiner offensichtlichen Systematik gefolgt ist.34 / 34 / 81Eristische Dialektik (13)
Weiterlesen...Kunstgriffe 1–3
Die ersten drei Kunstgriffe, Erweiterung, Homonymie und Verabsolutierung, dienen der Ablehnung von Prämissen oder Behauptungen. Der Gegner versucht also eine mutatio controversiae (Veränderung der Streitfrage) durchzuführen, indem er von etwas anderem redet als der Behauptung, die aufgestellt worden ist. Wird diese Verschiebung übersehen, wird eine ignoratio elenchi begangen. Was der Gegner als Erwiderung sagt, kann zwar wahr sein, steht aber nur scheinbar im Widerspruch zu der These, die damit angegriffen wird.
Als Gegenmaßnahme rät Schopenhauer, direkt zu leugnen, dass aus der Wahrheit des gegnerischen Schlusses die Falschheit der eigenen Behauptung folgt (negatio consequentiae).35 / 35 / 81Eristische Dialektik (14)
Weiterlesen...1. Erweiterung
Eine Behauptung wird angreifbar gemacht, indem ihr Anwendungsbereich unbeschränkt erweitert wird. Im Gegenzug sollten eigene Behauptungen möglichst präzise in klar umrissenen Grenzen formuliert werden. Gegen eine Erweiterung wird mit einer genauen Aufstellung des status controversiae oder puncti controversiae verteidigt, d. h. eines Gegenbeispiels oder der Aufzählung von Einzelpunkten, die praktisch einschränkende Bedingungen darstellen.36 / 36 / 81Eristische Dialektik (15)
Weiterlesen...2. Homonymie
Die Homonymie, also die Verwendung von mehrdeutigen Bezeichnungen, wird eingesetzt, um eine aufgestellte Behauptung auf das auszudehnen, was nur dem Wortlaut nach etwas mit der Sache zu tun hat, und die Behauptung für diesen Fall zu widerlegen. Homonyma sind zwei Begriffe, die durch dasselbe Wort bezeichnet werden: „Tief“, „schneidend“, „hoch“ sind Homonyma, so können damit Töne bezeichnet werden, aber auch die Eigenschaften von Gegenständen. Diese andere Bedeutung kann dann klar widerlegt werden und dabei den Anschein erwecken, die aufgestellte Behauptung sei widerlegt.37 / 37 / 81Eristische Dialektik (16)
Weiterlesen...Dieser Kunstgriff entspricht dem klassischen Sophismus ex homonymia, also einem Trugschluss aus verschiedenen Bedeutungen eines Worts. Der offensichtliche Trugschluss der Homonymie wird im Normalfall allerdings kaum jemanden täuschen.
Bei schwierigeren Fällen ist Täuschung leicht möglich, besonders, wenn die Begriffe, die durch denselben Ausdruck bezeichnet werden, verwandt sind und ineinander übergehen. Schopenhauer verwendet als Beispiel den Begriff der Ehre: Diese kann zum einen positiver Ausdruck der Würdigung unter Gleichen sein (wie respektieren, einen Orden verleihen) oder negativ eine Voraussetzung, die erfüllt werden muss, um als gleichberechtigt anerkannt zu werden (vgl. „die Ehre verlieren“).
Vgl. auch Quaternio Terminorum.38 / 38 / 81Eristische Dialektik (17)
Weiterlesen...3. Verabsolutierung
Eine Behauptung des Gegners, die nur spezifisch und relativ aufgestellt ist, in einer anderen Hinsicht deuten oder so, als sei sie in jeder Hinsicht gemeint, um sie dann in diesem Sinn zu widerlegen.39 / 39 / 81