Herrschafts- und Regierungssysteme
Patriarchat, Matrirachat & Kyriarchat
Matriarchat (6)
Weiterlesen...Während in einschlägigen Fachwissenschaften der Rückgriff auf den Matriarchatsbegriff als ungeeignet für die Erforschung von sozialen Systemen und der ihnen innewohnenden Macht- und Geschlechterverhältnisse abgelehnt wird, erfolgte ab Ende der 1970er Jahre eine Aneignung durch Vertreterinnen der essentialistischen Zweige des Second-Wave-Feminismus. Sie gehen – wie Bachofen – davon aus, dass das Matriarchat im Besonderen eine Zeit der Ur- und Frühgeschichte war, in der vor allem Frauen kulturschöpferisch und -prägend waren, aber nicht geherrscht haben.
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Weiterlesen...Vorschläge zur Bestimmung des Matriarchatsbegriffs
In den Fachwissenschaften und auch in sonstigen Publikationen wurden und werden unterschiedlichste Präzisierungen des Begriffs „Matriarchat“ vorgeschlagen.
Johann Jakob Bachofen31 / 31 / 57Matriarchat (8)
Weiterlesen...Johann Jakob Bachofen (1861) und in dessen Rezeption u. a. Friedrich Heiler sahen als konstitutive Merkmale einerseits das Bestehen mutterrechtlicher Institutionen, andererseits
eine „hervorragende Stellung der Frau in Kult (und] Religion (zum Beispiel als Ahnfrau, Seherin, Priesterin)“
„die Verehrung einer weibl[ichen] Gottheit“32 / 32 / 57Matriarchat (9)
Weiterlesen...Merkmale der bachofenschen Gynaikokratie sind:
Soziale Vorrangstellung der Mutter; alleiniges Erbrecht der Töchter; dem Mutterbruder komme eine Sonderstellung zu; Recht der Frau sich ihren Partner selbst zu wählen.
Muttermord sei das größte Verbrechen und unsühnbar.33 / 33 / 57Matriarchat (10)
Weiterlesen...In der Religion nähmen Göttinnen, ausgehend von der einen Erdgöttin, in deren Verehrung er den Ursprung jeder Religion annahm, und deren Priesterinnen eine überragende Stellung ein.
Wirtschaftlich finde sich hoch entwickelter Ackerbau, der gemeinschaftlich von Frauen betrieben werde. Männer würden die Jagd betreiben und seien häufig abwesend.
Politisch gelte allgemeine Gleichheit und Freiheit; die Frau stehe an der Spitze des Staates, wobei gewisse Aufgaben an Männer delegiert würden.34 / 34 / 57Matriarchat (11)
Weiterlesen...Bachofen gebrauchte den Terminus Gynaikokratie, doch implizierte dies bei ihm nicht Herrschaft von Frauen über Männer. Erst die Übersteigerung der Gynaikokratie habe schließlich zum Ende des Mutterrechts und zum Sieg des Vaterrechts geführt, dem eine Phase des Kampfes zwischen Amazonen und patriarchalen hellenischen und römischen Heroen vorausgegangen sei. „Die Frau überreizte ihre Macht, und es gelang den Männern die Vorherrschaft zu erlangen.“
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Weiterlesen...Matriarchat aus ethnologischer Sicht
In Matriarchatstheorien, einigen älteren Publikationen und mitunter auch im populären Sprachgebrauch wird von Matrilinearität oder Matrilokalität auf den Gesellschaftstyp des Matriarchats geschlossen oder damit gleichgesetzt. Einige indigene feministische Autorinnen wie Ifi Amadiume und Martha Harroun Foster, die die Geschichte ihrer eigenen Ethnien erforschen, verwenden ebenfalls den Begriff „Matriarchat“. Sie heben damit die Andersartigkeit gegenüber westlichen Gesellschaftsmodellen und eine starke Rolle der Frauen vor der Kolonisierung und Missionierung hervor und verleihen ihren politischen Schlussfolgerungen auf diese Weise Nachdruck. Von feministischen Ethnologinnen seit Mitte der 1970er Jahre wurde der Matriarchatsbegriff jedoch mehrheitlich verworfen. In der neueren Ethnologie und Sozialanthropologie wird der Begriff „Matriarchat“ nicht mehr verwendet.36 / 36 / 57Matriarchat (13)
Weiterlesen...Matrilineares Verwandtschaftssystem
Der Begriff Matrilinearität beschreibt „die soziale Definition der Verwandtschaft und der daraus abgeleiteten individuellen Rechte und Pflichten, insbesondere auch der Erbansprüche, sowie der sozialen Gruppenzugehörigkeit nach der Deszendenz aus der mütterlichen Linie.“
Entscheidend ist dabei die ausschließlich weibliche Abstammung der Vorfahren eines Menschen (fachsprachlich uterine Deszendenz: „Nachkommen aus der Gebärmutter“), die Linie läuft über die Mutter, deren Mutter (Großmutter), wiederum deren Mutter (Urgroßmutter) und so weiter zurück bis zu einer Stammmutter. Solche einlinigen Abstammungsregeln – nur über die mütterliche oder nur über die Linie der Väter – finden sich in vielen nicht-staatenbildenden Gesellschaften und ethnischen Gruppen, in denen es wichtige Güter wie Land und Vieh aufzuteilen und zu vererben gilt.37 / 37 / 57Matriarchat (14)
Weiterlesen...Eine früher behauptete Abhängigkeit von Matrilinearität und Ackerbau treibenden Gesellschaften gibt es allerdings nicht. Vom Vorfinden einer matrilinearen Verwandtschaftsorganisation lasse sich nicht darauf schließen, dass Frauen die alleinige politische Macht innehaben, vielmehr werden in solchen Gesellschaften politische und repräsentative Aufgaben in der Regel innerhalb und außerhalb der Matri-Abstammungsgruppe (Lineage) von Männern wahrgenommen.
Eine Hopi bindet das Haar eines unverheirateten Mädchens zur traditionellen „Schmetterlingsfrisur“ (um 1900)38 / 38 / 57Matriarchat (15)
Weiterlesen...Im Jahre 1998 verzeichnete der Ethnographic Atlas 160 rein matrilineare indigene Völker und Ethnien, das waren rund 13 % der weltweit erfassten 1267 Ethnien, Ein Drittel der matrilinearen Ethnien folgt der ehelichen Wohnsitzregel der Matri-Lokalität,
164 matrilineare Ethnien – ihr ehelicher Wohnsitz nach der Heirat (Residenzregel):39 / 39 / 57