Herrschafts- und Regierungssysteme
Kapitalismus
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Kapitalismus (1)
Weiterlesen...Kapitalismus bezeichnet zum einen eine spezifische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, zum anderen eine Epoche der Wirtschaftsgeschichte. Zu unterscheiden sind der „moderne“ Kapitalismus, wie er insbesondere von Karl Marx und Max Weber beschrieben und analysiert wurde, vom Kapitalismus als historisches „Weltsystem“, dessen Analyse auf Fernand Braudel (1902–1985) und Immanuel Wallerstein (1930–2019) zurückgeht. In globalgeschichtlicher Betrachtung datierte Friedrich Lenger seinen Beginn auf das späte 15. Jahrhundert, als durch das Aufkommen des weltweiten Fernhandels der frühneuzeitliche Handelskapitalismus entstand. Die Epoche des modernen Kapitalismus bezeichnet eine wirtschaftsgeschichtliche Periode, die im 18. Jahrhundert in Europa mit der industriellen Revolution begann und bis heute andauert. Sie folgte auf die Epochen des Feudalismus des europäischen Mittelalters bzw. des Merkantilismus zur Zeit des Absolutismus.
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Weiterlesen...Die zentralen Merkmale des Kapitalismus sind in Anbetracht des historischen Wandels und der zahlreichen Kapitalismusdefinitionen sowie ideologischer Unterschiede umstritten. Allgemein wird unter (modernem) Kapitalismus eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verstanden, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt (Marktwirtschaft) beruht. Als weitere konstitutive Merkmale werden genannt: die Akkumulation (für manche das „Herzstück“, Hauptmerkmal und Leitprinzip des Kapitalismus), „freie Lohnarbeit“ und das „Streben nach Gewinn im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb“.
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Weiterlesen...Begriff
Etymologie
Etymologisch leitet sich Kapitalismus ab von Kapital, welches sich selbst von Lateinisch „capitalis“ („den Kopf“ oder „das Leben betreffend“) ableitet, dieses selbst geht auf „caput“ – „Kopf“ zurück. Ab dem 16. Jahrhundert findet sich das italienische Lehnwort „capitale“ – „Vermögen“ im Sinne der Kopfzahl eines Viehbestandes, als Gegensatz zu den frisch geworfenen Tieren als „Zinsen“. Nach anderen Quellen machte schon im Lateinischen „caput“ und „capitalis“ einen Bedeutungswandel durch, der im Deutschen durch „Haupt-“ nachvollzogen wird. „Summa capitalis“ war die Hauptsumme in Wirtschaftsrechnungen, woraus „Kapital“ entstanden sei.2 / 2 / 15Kapitalismus (4)
Weiterlesen...Kapitalismus und Marktwirtschaft
Einige Autoren befürworten anstelle des in Deutschland als wertend verstandenen Begriffs Kapitalismus die neutralere Bezeichnung Marktwirtschaft. Unter angelsächsischen Ökonomen ist der Gebrauch des Begriffs capitalism durchgängig üblich. Nach John Kenneth Galbraith wurde der Begriff „market system“ in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg gezielt eingeführt, da „capitalism“ durch die Weltwirtschaftskrise in Misskredit geraten war. Einige Politiker, Journalisten und Wissenschaftler bevorzugten den Begriff „Marktwirtschaft“, da die Frage des beherrschenden Einflusses von Unternehmen und allgemein die Frage wirtschaftlicher Macht so nicht thematisiert werden müsse. Lediglich als Bezeichnung für die moderne Finanzwelt habe sich der Begriff Kapitalismus halten können, da hier der Zusammenhang zwischen Vermögen und Macht besonders augenfällig sei.3 / 3 / 15Kapitalismus (5)
Weiterlesen...Andere Autoren unterscheiden zwischen beiden Begriffen. Danach hänge das Vorliegen einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung von den Eigentumsverhältnissen der Produktionsmittel ab, eine Marktwirtschaft zeichne sich durch die Koordination der Wirtschaftsprozesse über den Marktmechanismus aus. Beide Merkmale treten im Wirtschaftssystem der kapitalistischen Marktwirtschaft gemeinsam auf. Eine Marktwirtschaft könne theoretisch jedoch ebenso ohne Kapitalismus vorliegen (Beispiel: Sozialistische Marktwirtschaft in Jugoslawien) wie Kapitalismus ohne Marktwirtschaft (was auf die Wirtschaft im nationalsozialistischen Deutschland zutreffe). Gleichwohl treten die beiden letztgenannten Wirtschaftssysteme vergleichsweise selten auf. Mankiw und andere Autoren verstehen Kapitalismus als Marktwirtschaft mit Privateigentum an Produktionsmitteln, bezweifeln jedoch, dass Marktwirtschaft ohne Privateigentum funktionsfähig ist.
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Weiterlesen...Neoklassische Theorie
Die Neoklassische Theorie hat wesentliche Grundlagen der modernen Wirtschaftswissenschaft entwickelt. Diese geht davon aus, dass die wirtschaftlichen Akteure sich rational verhalten (Modell des sog. Homo oeconomicus) und versuchen, ihren eigenen Nutzen zu maximieren. Dieser Nutzen muss dabei nicht zwangsläufig monetärer Nutzen, also finanzieller Gewinn sein. Es kann sich ebenso gut um einen Zugewinn an emotionalem Nutzen (also Glück und Fröhlichkeit), Zugewinn an Rechten und Einfluss, an ideellem Nutzen oder Ähnliches sein.5 / 5 / 15Kapitalismus (7)
Weiterlesen...Historische Schule
Ältere Historische Schule
Die ab 1850 in Deutschland aufkommende Historische Schule der Nationalökonomie lehnt die auf die Klassische Nationalökonomie und den Rationalismus zurückgehende Vorstellung von allgemein geltenden Wirtschaftsgesetzen ab, sondern sucht stattdessen ihre – oft auch soziologischen – Erkenntnisse durch die Herausarbeitung von historischen Entwicklungsgesetzen zu untermauern. Die allgemeinen Gesetze der Klassischen Nationalökonomie hätten nur Gültigkeit für das kapitalistische Wirtschaftssystem.6 / 6 / 15Kapitalismus (8)
Weiterlesen...Jüngere Historische Schule
Georg Friedrich Knapp unterscheidet den Kapitalismus durch das Aufkommen von Großbetrieben von früheren Wirtschaftsepochen.
Karl Bücher beschreibt in seiner klassisch gewordenen Entstehung der Volkswirtschaft (1917) Kapitalismus als die Wirtschaftsepoche, bei der alle ökonomischen Verhältnisse über ihre Beziehung zum Kapital definiert werden. Werner Sombart wandte sich in der zweiten Auflage von Der moderne Kapitalismus entschieden gegen diese Charakterisierung. Richard Passow wandte ein, dass dies dem üblichen wirtschaftswissenschaftlichen Gebrauch zuwiderlaufe.7 / 7 / 15Kapitalismus (9)
Weiterlesen...Jüngste oder Dritte Historische Schule
Die sogenannte Jüngste Historische Schule charakterisiert den Kapitalismus über eine auftretende kapitalistische Gesinnung und begründete die soziologische Untersuchung des Kapitalismus.
Werner Sombart sah diese Gesinnung in Erwerbsprinzip, Rationalität und Individualismus manifestiert. Er entwarf in Der moderne Kapitalismus (1902) die verbreitete Einteilung des Kapitalismus in die Entwicklungsphasen Früh-, Hoch- und Spätkapitalismus. Im Spätkapitalismus sah er in den zunehmenden Staatseingriffen erste Anzeichen eines Entwicklungsgesetzes hin zur Vergesellschaftung der Produktionsmittel. Von ihm stammt der später von Joseph Schumpeter verbreitete Begriff der „schöpferischen Zerstörung“.8 / 8 / 15Kapitalismus (10)
Österreichische Schule
Ältere und jüngere Österreichische Schule
Ende des 19. Jahrhunderts bildete sich in Wien um Carl Menger die Österreichische Schule. Diese lehnte geschichtsrelativistische und geschichtsdeterministische Kapitalismustheorien ab. Ökonomische Gesetze gelten für sie immer und überall und ergeben sich aus der Knappheit der Güter und der subjektiven Beziehung der Menschen zu jenen.
Ludwig von Mises hielt den Kapitalismus für das einzig logisch mögliche Wirtschaftssystem. Der Sozialismus sei nicht funktionsfähig aufgrund der Unmöglichkeit der Wirtschaftsrechnung im Sozialismus. Mises schreibt: „Die Wirtschaftsforschung hat den Beweis erbracht, dass keine andere denkbare Wirtschaftsordnung den gleichen Grad von Prosperität erreichen könnte wie der Kapitalismus. Sie hat alle zugunsten von Sozialismus und Interventionismus vorgebrachten Beweisgründe völlig zu entkräften gewußt.“9 / 9 / 15
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