Herrschafts- und Regierungssysteme
Demokratie
Demokratie (1)
Weiterlesen...Demokratie (Volksherrschaft) ist ein Begriff für Formen der Herrschaftsorganisation auf der Grundlage der Partizipation bzw. Teilhabe aller an der politischen Willensbildung. Es handelt sich um einen zentralen Begriff der Politikwissenschaft, der ursprünglich aus der Staatsformenlehre stammt und in der Demokratietheorie erörtert wird. Die erste begriffliche Erwähnung findet sich bezogen auf die Attische Demokratie bei Herodot. Ideengeschichtlich wegweisend für den Begriff war die Definition der Politie bei Aristoteles. Eine schlagwortartige Beschreibung aus der Moderne liefert Abraham Lincolns Gettysburg-Formel von 1863: „Regierung des Volkes, durch das Volk, für das Volk“
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Weiterlesen...Zur liberalen Demokratie, wie sie sich nach westlichen Mustern herausgebildet hat, gehören allgemeine, freie und geheime Wahlen, die Aufteilung der Staatsgewalt bei Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung auf voneinander unabhängige Organe (Gewaltenteilung) sowie die Garantie der Grundrechte.
In einer repräsentativen Demokratie, in der gewählte Repräsentanten zentrale politische Entscheidungen treffen, haben oft Parteien maßgeblichen Anteil an der politischen Willensbildung und an der durch Wahlen legitimierten Regierung. Die Opposition ist fester Bestandteil eines solchen demokratischen Systems, zu dem auch die freie Meinungsäußerung samt Pressefreiheit, die Möglichkeit friedlicher Regierungswechsel und der Minderheitenschutz gehören.1 / 1 / 22Demokratie (3)
Weiterlesen...Je nach zugrundeliegendem Demokratiebegriff gibt es jedoch unterschiedliche Kriterien dafür, wann ein Staat als Demokratie gilt. Neben und auch statt der bereits genannten Begriffe werden so z. B. Volkssouveränität, Mehrheitsherrschaft, verfassungsmäßige Ordnung, allgemeine Wohlfahrt, Pluralismus, Rechts- und Sozialstaatlichkeit, Schutz des Privateigentums etc. genannt. Daher unterscheiden sich die unter der Bezeichnung „Demokratie“ in Vergangenheit und Gegenwart registrierten politischen Systeme.
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Weiterlesen...Definition der Demokratie
Aus der ursprünglichen Wortbedeutung von Demokratie (Macht oder Herrschaft des Volkes) abgeleitet und um das Objekt der Herrschaftsausübung logisch erweitert folgert Giovanni Sartori: „Demokratie ist die Macht des Volkes über das Volk.“ Dabei zu beachten sei, dass die vom Volk nach oben ausgehende Macht – wiederum durch die Kontrolle des Volkes – auch die Machtausübung nach unten bestimme. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass die Herrschaft über das Volk mit der Herrschaft des Volkes nichts zu tun habe. „Wer Macht delegiert, kann sie auch verlieren; Wahlen sind nicht notwendig frei; und die Repräsentation ist nicht unbedingt eine echte.“3 / 3 / 22Demokratie (5)
Weiterlesen...Der in Athen im 5. Jahrhundert v. Chr. entwickelte Begriff der Demokratie hat nur noch wenig Ähnlichkeit mit der heutigen Verwendung des Begriffs. Als markantesten Gegensatz zur Demokratie und geradezu als ihr Gegenteil bezeichnet Sartori die Autokratie. Dieser Abgrenzung gemäß ist Demokratie ein System nach dem Grundsatz, dass niemand sich selbst zum Herrscher erklären kann, niemand die Macht unwiderruflich im eigenen Namen innehaben kann.
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Weiterlesen...Ursprung der Demokratie
Der Ausdruck Demokratie ist auf altgriechisch δημοκρατία zurückzuführen, ein Kompositum aus δῆμος dḗmos ‚Volk‘ und κράτος krátos ‚Kraft; Macht; Herrschaft‘. Die Endung -kratia bezeichnet dabei, anders als Wörter mit der Endung -archie, nicht die Zahl der jeweils Herrschenden, denen ein Amtsmonopol attestiert wird, sondern die Qualität des Regierungsprinzips. Die erste Erwähnung der Bezeichnung Demokratie findet sich bei Herodot um 430 v. Chr., als die so bezeichnete Herrschaftsform bereits mehrere Jahrzehnte praktiziert worden war. Zur Demokratie hinleitende Begriffe im Vorfeld waren die mit den Kleisthenischen Reformen in Verbindung stehenden Isonomie (ἰσονομία ‚Gleichheit vor dem Gesetz‘), Isegorie (ἰσηγορία ‚gleiches Rederecht‘) und Isokratie (ἰσοκρατία ‚gleicher Anspruch auf Herrschaft‘)5 / 5 / 22Demokratie (7)
Weiterlesen...In der ursprünglichen Bedeutung ist Demokratie laut Giovanni Sartori „die Regierung oder Macht des Volkes“. Demos stand dabei für die Gemeinschaft, die in der Volksversammlung zusammentrat. Herodot lässt Otanes die Vorzüge dieser Herrschaft der Vielen wiedergeben: die Amtsbesetzung durch Losverfahren, die Rechenschaftspflicht der Amtsträger, die Vorlage aller Beschlüsse vor der Gesamtheit, die Rechtsgleichheit für alle und die Verwerfung jeder Willkürmacht. Doch umfasste der Demos in einer griechischen Polis nur die freien Männer, die als mündige Bürger an der Ekklesia, der Volksversammlung, teilnahmen, nicht also Frauen, Sklaven und Metöken.
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Weiterlesen...Bedeutungswandel
Bis ins späte 18. Jahrhundert stand Demokratie schwerpunktmäßig für die ursprüngliche Bedeutung eines Gemeinwesens, das sich unter Einbeziehung breiter Kreise seiner Bevölkerung selbst regiert. Unter Bezugnahme auf die attische Demokratie wurde Demokratie in diesem Verständnis mit Chaos, Despotismus der Massen und Demagogie assoziiert. Erst in den Jahren 1780 bis 1800 trat der Begriff Demokratie aus der Gelehrtensprache heraus, die heutigen Wortbedeutungen entwickelten sich, er wurde als politischer Begriff allgemein verwendet und war jahrzehntelang heftig umkämpft. Noch in den 1780er Jahren lehnten die Gründerväter der Vereinigten Staaten in den Federalist Papers die „Demokratie“ klar ab und befürworteten eine Republik mit gewählten Repräsentanten.7 / 7 / 22Demokratie (9)
Weiterlesen...Alexis de Tocqueville veröffentlichte 1835 sein bis heute wichtiges Werk Über die Demokratie in Amerika, stellte jedoch später fest: „Es ist unser Gebrauch der Wörter ‚Demokratie‘ und ‚demokratische Regierung‘, der zu größter Verwirrung führt. Solange diese Wörter nicht einvernehmlich klar definiert sind, leben die Menschen in einem unbehebbaren Gedankenwirrwarr, sehr zum Vorteil von Demagogen und Despoten.“ Derselbe Begriff Demokratie bezeichnet seitdem viele völlig unterschiedliche Herrschaftsformen. Der norwegische Philosoph Arne Næss dokumentierte 1956 zweihundert verschiedene Definitionen. Laut dem schwedischen Politikwissenschaftler Ludvik Bergman hat Demokratie in der Hauptsache vier Bedeutungen:
ein politisches System
ein Ideal kollektiver Selbstregierung
eine Vorbedingung für Legitimität bzw. ein Erfordernis für Gerechtigkeit als normative Prinzipien
eine Lebensform, die auf gegenseitigem Respekt und der Selbstverpflichtung zu friedlicher Zusammenarbeit (John Dewey) basiert bzw. das Ethos, das in einer egalitären Gesellschaft vorherrscht (Alexis de Tocqueville).8 / 8 / 22Demokratie (10)
Weiterlesen...Moderne Demokratie
Demokratie ist zum Oberbegriff vieler politischer Systeme geworden, die sich von der klassischen Demokratie der Antike zumeist stark unterscheiden. Als vieldeutig und widerspruchsvoll erscheint bei Waldemar Besson und Gotthard Jasper, was weltweit als Demokratie und als demokratisch ausgegeben wird. Die Verwirrung beruhe teils darauf, dass Demokratiedefinitionen aus verschiedenen Zeiten und Gesellschaftsordnungen unreflektiert nebeneinander gebraucht würden, ohne zwischen dem „prinzipiellen Kern“ des demokratischen Gedankens und seiner jeweils zeitgebundenen Ausformung zu unterscheiden.9 / 9 / 22