Herrschafts- und Regierungssysteme
Absolutismus
Absolutismus (11)
Weiterlesen...Der absolute Monarch beanspruchte zwar die unbeschränkte und ungeteilte Staatsgewalt ohne Mitwirkung von Ständen oder Parlament; Theoretiker der absoluten Monarchie wie Thomas Hobbes oder Jean Bodin betonten aber auch Beschränkungen der Herrschaft, etwa dass der Monarch in seinem Handeln an die Gebote der Religion, an das Naturrecht und gegebenenfalls auch an die Staatsgrundgesetze zu halten hat. Jedoch sollte der Monarch keinen positiven Gesetzen unterworfen sein.
In der zumeist als „aufgeklärter Absolutismus“ bezeichneten Spätphase „absolutistischer Herrschaft“ hätte sich der Fürst als „erster Diener des Staates“ verstanden und eine am Gemeinwohl orientierte Reformpolitik verfolgt, die sich unter anderem in religiöser Toleranz, Reformen des Erziehungs- und Schulwesens und Maßnahmen zur Verbesserung der Rechtspflege widerspiegelte.10 / 10 / 25Absolutismus (12)
Weiterlesen...Immer noch landläufig wird der „Absolutismus“ als weit verbreitete Herrschaftsform in Europa beschrieben, die im Zeitalter des Barocks zur höchsten Blüte gelangte. Diese Form der Typisierung begann mit dem Historiker Wilhelm Roscher, der im 19. Jahrhundert erstmals den Versuch unternahm, das „absolutistische Zeitalter“ zu periodisieren und der aufgeklärten Epoche eine gesonderte historische Stellung zuzuweisen. Er stellte die These einer Stufenfolge, die mit konfessionellem Absolutismus beginnt, in einen höfischen Absolutismus übergeht und schließlich im aufgeklärten Absolutismus mündet. Das Musterbeispiel für den „höfischen Absolutismus“ ist die Herrschaft des französischen Königs Ludwig XIV. Später habe sich aus dem reinen „Absolutismus“ der so genannte „aufgeklärte Absolutismus“ entwickelt, in dem das allgemeine Wohlergehen zum Primärziel des ansonsten absolut regierenden Monarchen wurde: Der König habe sich selbst als der erste Diener seines Staates (Selbstbeschreibung Friedrich II. von Preußen) verstanden.
11 / 11 / 25Absolutismus (13)
Weiterlesen...Neben dieser traditionellen Epocheneinteilung wurde seit dem 19. Jahrhundert das Roschersche Modell zunehmend auf Teilgebiete der Geschichte der Frühen Neuzeit bezogen. So sprach man vom praktischen, bürokratischen, germanischen und dem romanischen „Absolutismus“, ohne den Begriff zu hinterfragen beziehungsweise die komplexen Unterschiede aufzuzeigen.
Während der Begriff Zeitalter des Absolutismus als Epochenbezeichnung für die Phase europäischer Geschichte vom Westfälischen Frieden (1648) bis zum Ausbruch der Französischen Revolution (1789) lange Zeit unumstritten war, hat man am Ende des 20. Jahrhunderts die Vorstellung von einer unumschränkten Machtausübung des „absoluten Herrschers“ unter Ausschaltung aller der Zentralisierung entgegenstehenden Kräfte vielfach relativiert und zunehmend nach dem „Nichtabsolutistischen im Absolutismus“ (Gerhard Oestreich) gefragt. Als Gegenströmung zum „Zeitalter des Absolutismus“ gilt die Epoche der Aufklärung.12 / 12 / 25Absolutismus (14)
Weiterlesen...Inzwischen wird sogar vom „Mythos Absolutismus“ gesprochen. Der britische Historiker Nicholas Henshall glaubt, dass auch im Frankreich eines Ludwigs XIV. ohne Klientelwirtschaft und traditionelle Eliten und ohne dezentrale regionale und lokale Strukturen politische Macht niemals durchsetzbar gewesen wäre. Gleichzeitig wird der „Sonderweg“ Englands – in Abgrenzung zum sonstigen „absolutistischen“ Europa – in Frage gestellt. Henshall schreibt:
„Frankreich unter Ludwig XIV. war nicht zentralisiert, es stand nicht unter direkter staatlicher Kontrolle, und seine Gesetze waren nicht vereinheitlicht. Harmonie wurde hergestellt durch Konsens, nicht durch Zwang.“13 / 13 / 25Absolutismus (15)
Weiterlesen...„Absolutismus“ sei nur eine „eindrucksvolle Ausrede für schlampiges Denken“, weshalb der Begriff wahrscheinlich weiterhin beliebt bleiben werde. Demgegenüber monieren einige Wissenschaftler einen Geschichtsrevisionismus, mit einer verbreiten „Neigung zur fast vollständigen Demontage des früheren Absolutismus-Bildes“
14 / 14 / 25Absolutismus (16)
Weiterlesen...Nach Dagmar Freist geht es in dieser Forschungskontroverse um die Gegenüberstellung der absolutistischen Herrschaftsform, die sich im Selbstverständnis des Königs, in seiner Gesetzgebung und in der zeitgenössischen politischen Theorie findet, mit der konkreten Herrschaftspraxis, in der die intermediären Gewalten und Kompromisse zwischen Zentrum und Peripherie von großer Bedeutung waren. Ronald G. Asch dagegen glaubt, dass der Absolutismus zwar häufig eher ein Diskursphänomen als eine Realität war: In panegyrischen Reden, Predigten und künstlerischen Darstellungen sei die Macht des jeweiligen Herrschers oft übertrieben dargestellt worden. Solche Darstellungen und die theaterhafte Aufführung im Hofzerimoniell dürften jedoch nicht als bloße Rhetorik abgetan werden, da sie die königliche Macht nicht nur darstellten, sondern geradezu erschufen und alle Kritik daran zum Schweigen brachten.
15 / 15 / 25Absolutismus (17)
Weiterlesen...Aufgeklärter Absolutismus
Typische Vertreter des aufgeklärten Absolutismus waren Friedrich II. von Preußen, Maria Theresia sowie ihr Sohn Josef II. und Katharina II. von Russland. Der Herrscher sieht sich als „ersten Diener des Staates“ an (Zitat Friedrichs II. von Preußen), zeigt sich also am Gemeinwohl orientiert, nicht bloß am eigenen Nutzen oder dem seiner Dynastie. Er steht im Kontakt mit prominenten Vertretern der Aufklärung wie Friedrich II. mit Voltaire oder Katharina II. mit Diderot. Typisch für die Regierungspraxis des aufgeklärten Absolutismus war unter anderem religiöse Toleranz: Friedrich II. beantwortete 1740 eine Anfrage zu römisch-katholischen Schulen im protestantischen Preußen mit dem geflügelten Wort: „Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“16 / 16 / 25Absolutismus (18)
Weiterlesen...Joseph II. gestattete 1781 und 1782 in zwei Toleranzpatenten Lutheranern, Reformierten, Orthodoxen und Juden in den Habsburger Kronländern ihre Religion auszuüben. Auch förderten die aufgeklärten Herrscher Bildung und humanisierten das Strafrecht: Friedrich II. etwa hob unmittelbar nach Regierungsantritt 1740 die Folter als Mittel der Wahrheitsfindung in den meisten Strafprozessen auf. Eine Begrenzung ihrer absoluten Macht, wie es die aufklärerischen Grundsätze der Gewaltenteilung, der Volkssouveränität und der Menschenrechte verlangt hätten, ließ indes keiner von ihnen zu. Ob die dem Aufgeklärten Absolutismus zugerechneten Reformen wirklich mit den Idealen der Aufklärung motiviert waren oder nicht lediglich eine Effizienzsteigerung des traditionellen Absolutismus darstellten, ist in der Forschung umstritten.
17 / 17 / 25Absolutismus (19)
Weiterlesen...Machtsäulen
Der Herrscher stützte sich auf sechs Machtsäulen: auf sein stehendes Heer, Justiz und Polizei, Verwaltung mit dem König an der Spitze, auf den Adel am Hof, die Staatskirche (Klerus) und den Merkantilismus, eine eigene Wirtschaftspolitik und -theorie des Absolutismus, deren Ziel das Wohl der Staatsfinanzen war.18 / 18 / 25Absolutismus (20)
Weiterlesen...Staatsaufbau
Gesetzgebung und Judikative
Der König konzentrierte alle Macht in seiner Person: Er führte die Regierungsgeschäfte, erließ die Gesetze und war zugleich oberster Richter. Gleich nach dem Tod seines leitenden Ministers Mazarin übernahm Ludwig XIV. 1661 persönlich die Regierungsgeschäfte und organisierte den Conseil d’État (Staatsrat) um: Er gliederte ihn in vier départements mit unterschiedlichen Zuständigkeiten auf, doch insgesamt blieb dies Beratungsgremium sehr klein, außer dem König selbst umfasste er nur drei oder vier ministres d’État (Staatsminister). Ludwig übernahm den Vorsitz in allen Sitzungen des Conseil d’État und der ihm nachgeordneten conseils, sofern sie politisch bedeutsam waren. Dadurch entmachtete er den chancelier (Kanzler), der von nun an nur noch den judikativ-administrativen Gremien vorstand.19 / 19 / 25