Herrschafts- und Regierungssysteme
Absolutismus
Absolutismus (1)
Weiterlesen...Mit Absolutismus (auch absolute Monarchie genannt; lateinisch absolutus, „losgelöst“, im Sinne von legibus absolutus = „von den Gesetzen losgelöst“) wird eine Herrschaftsform in Monarchien bezeichnet, die von der Regierung eines aus eigener Machtvollkommenheit handelnden Herrschers oder ohne wesentliche politische Mitentscheidung ständischer oder demokratischer Institutionen bestimmt ist (Alleinherrschaft).
Systematisch dargestellt und auch gerechtfertigt wurde diese Regierungsform im 16. und 17. Jahrhundert unter anderem von Jean Bodin (1529–1569) und Thomas Hobbes (1588–1679).0 / 0 / 25Absolutismus (2)
Weiterlesen...Absolutismus bezeichnet zugleich auch eine von dieser Regierungsform geprägte frühneuzeitliche Epoche europäischer Geschichte zwischen den Religionskriegen des 16. und frühen 17. Jahrhunderts und den Revolutionen des späten 18. Jahrhunderts. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts wird der Begriff als Beschreibung eines Zeitalters in Frage gestellt, weil neben absolutistischen Fürstentümern auch Republiken wie die Niederlande oder konstitutionelle Monarchien wie England eine Blütezeit erlebten. Daher spricht man in der Geschichtswissenschaft traditionell von einem Zeitalter des Absolutismus, mitunter stattdessen auch vom Zeitalter des Barock.
Heute gibt es kaum noch Staaten mit absolutistischer Herrschaft, von vereinzelten Beispielen wie Saudi-Arabien und dem Vatikanstaat.1 / 1 / 25Absolutismus (3)
Weiterlesen...Entstehung und Entwicklung
Zeitlich gesehen entstand der Absolutismus im Übergang vom späten Mittelalter zur Frühen Neuzeit. Die mittelalterliche und frühneuzeitliche Gesellschaft Europas gliederte sich in mehrere Stände. Die privilegierten Stände in den bis dahin bestehenden Ständeordnungen hatten politische Mitspracherechte und Befugnisse. Ausgehend von ähnlichen Ausgangssituationen (die institutionell allerdings sehr unterschiedlich waren) entwickelten sich in Europa sehr verschiedene Ausprägungen des Absolutismus. Den europäischen Staaten war gemeinsam, dass sie alle Herrschaftsgewalt vom obersten Herrscher ableiteten. In der feudalen und ständischen Ordnung des Mittelalters aber waren die Hoheitsfunktionen noch auf die verschieden bevorrechtigten Träger, Adel, Klerus und Städte, verteilt. Seit dem 15. Jahrhundert gelang es den Herrschern aber zunehmend, Hoheitsfunktionen wie z. B. Rechtsprechung oder Verwaltung zu monopolisieren.2 / 2 / 25Absolutismus (4)
Weiterlesen...Vor allem im westlichen, mittleren und nördlichen Europa (z. B. in Spanien, Frankreich, Schweden und Brandenburg-Preußen) war der Absolutismus eine wesentliche Triebkraft für die Herausbildung moderner, europäischer Staatswesen zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert. Besonders deutlich bildeten sich die Strukturen des absolutistischen Staates in Frankreich heraus.
Das Titelblatt von Hobbes’ Leviathan zeigt den Souverän, der über Land, Städte und deren Bewohner herrscht. Sein Körper besteht aus den Menschen, die in den Gesellschaftsvertrag eingewilligt haben. Schwert und Hirtenstab in seinen Händen symbolisieren die Vereinigung weltlicher und geistlicher Macht. Überschrieben ist die Abbildung durch ein Zitat aus dem Buch Hiob: „Keine Macht auf Erden ist mit der seinen vergleichbar“.3 / 3 / 25Absolutismus (5)
Weiterlesen...Während sich die Herrscher traditionell darauf beriefen, ihre Macht von Gottes Gnaden erhalten zu haben, wurde der ursprüngliche Absolutismus bereits von dem französischen Staatsdenker Jean Bodin als Antwort auf die Schriften der Monarchomachen theoretisch begründet. Hintergrund waren die französischen Religionskriege, zu deren Beendigung ein Souverän mit unumschränkter Macht erforderlich schien, der dem Land Frieden und Sicherheit bringen konnte. Ähnliches lässt sich rund hundert Jahre später für den Staatstheoretiker Thomas Hobbes sagen, dessen Werk Leviathan von 1651 eine Reaktion auf den Englischen Bürgerkrieg darstellte. Der Historiker Eike Wolgast bezeichnet die Errichtung absolutistischer Staatswesen daher als „‚Notstandsdiktatur‘ zur Überwindung der konfessionellen Bürgerkriege“.
4 / 4 / 25Absolutismus (6)
Weiterlesen...Bodin definierte maiestas (Souveränität) als summa in cives ac subditos legibusque soluta potestas („höchste und von den Gesetzen losgelöste Macht über Bürger und Untertanen“). Der Staat – repräsentiert durch den Monarchen – habe die Aufgabe, die gemeinsamen Belange mehrerer Haushalte in rechte Bahnen zu lenken und somit deren souveräne Gewalt auszuüben, das heißt, der Staat stellt eine absolute, unteilbare und immerwährende Macht dar. Weiterhin führte er in seiner Schrift Sechs Bücher über den Staat den Allmachtsanspruch des Souveräns aus, auf deren Grundlage die späteren absolutistischen Herrschaftssysteme aufgebaut waren. Bodin sprach den absolutistischen Herrschern jedoch nicht ein Recht auf fürstliche Willkür zu, sondern forderte in seinen Werken vielmehr die Achtung der Naturrechte, der göttlichen Gebote sowie den Schutz von Familie und Eigentum. Der Anspruch, der Monarch solle lateinisch legibus solutus, „von den Gesetzen befreit“ sein, geht auf Formulierungen bei der Konstitution des römischen Prinzipats unter Kaiser Augustus zurück. Der Prinzipat war aber, anders als der 300 Jahre später von Kaiser Diokletian durchgesetzte Dominat keine absolutistische Herrschaftsordnung.
5 / 5 / 25Absolutismus (7)
Weiterlesen...Thomas Hobbes geht in seinem Leviathan von der Fiktion eines Naturzustands aus, der durch völlige Freiheit des Einzelnen und Kriege der Menschen untereinander geprägt gewesen sei. Um Frieden nach außen und Sicherheit im Inneren zu erlangen, hätten sie einen Vertrag miteinander geschlossen und einen Souverän eingesetzt, dem sie all ihre individuell-freiheitlichen Rechte abgetreten hätten. Von da an sei dieser Souverän die Quelle sämtlichen Rechts, selber aber an keinen Vertrag gebunden. Der Souverän kann auch ein Monarch sein, Hobbes wurde mit seinem Leviathan zum geistigen Begründer der neuzeitlichen Staatsphilosophie. Die politischen Begründungen für den praktischen Absolutismus in Frankreich stützten sich allerdings nicht auf ihn, sondern auf göttliches Recht, das der Idee königlicher Souveränität die letzte Überhöhung verlieh.
6 / 6 / 25Absolutismus (8)
Weiterlesen...In Deutschland entwickelte die Naturrechtslehre Samuel von Pufendorfs und Christian Wolffs einen anderen Weg zur Herrschaftslegitimation. Sie gingen von einem doppelten Herrschaftsvertrag aus: Der erste war ein Gesellschaftsvertrag, der den Staat als solchen entstehen ließ. Der zweite war dann der Herrschaftsübertragungsvertrag mit dem künftigen Herrscher. Dies ermöglichte sowohl die Übertragung absoluter Machtfülle als auch die Vereinbarung von Grundgesetzen, die die Macht beschränkten oder von der Zustimmung anderer Institutionen abhängig machten. Damit konnte der Herrscher auf die Erfüllung vorrangiger Staatsziele der inneren und äußeren Sicherheit und der gesellschaftlichen Wohlfahrt verpflichtet werden. Bei völliger Perversion der Staatszwecke oder schwerer Verletzung dieser Grundgesetze war so auch ein Widerstandsrecht gegen den Herrscher ermöglicht.
7 / 7 / 25Absolutismus (9)
Weiterlesen...Typisierungversuche: Kennzeichen des Absolutismus
Absolutismus unterscheidet sich von anderen autokratischen Herrschaftsformen durch die dynastische Legitimation. Als Kennzeichen für den Absolutismus wird der Verstaatlichungsprozess angesehen: Statt des komplexen Netzes sich teils überlagernder persönlicher Rechtsbeziehungen, wie es den mittelalterlichen Personenverbandsstaat gekennzeichnet hatte, setzte sich nun das moderne Staatsverständnis durch, das ein zusammenhängendes Staatsgebiet mit linearen Grenzen impliziert, ein Staatsvolk mit gleichen Rechten und Pflichten, eine monopolisierte, legitime Staatsgewalt nach innen und uneingeschränkte Souveränität nach außen. Als Kennzeichen einer absoluten Monarchie nennt der Politikwissenschaftler Uwe Backes, dass „die monarchische Exekutive Normen setzen und anwenden kann, ohne auf die Mitwirkung eines anderen Verfassungsorgans mit eigenen Machtbefugnissen angewiesen zu sein“.8 / 8 / 25Absolutismus (10)
Weiterlesen...Obwohl der Absolutismus nirgendwo in Reinform existierte, lässt sich seine Manifestation idealtypisch unter anderem in der Aufstellung stehender Heere, dem Aufbau eines allein vom Herrscher abhängigen Beamtenapparats, der Einbindung der Kirche in das Staatswesen und einem merkantilistischen Wirtschaftssystem erkennen. Darüber hinaus hätte ein Wandel im Selbstverständnis des barocken Fürsten zu einer Intensivierung des höfischen Lebens stattgefunden, das seine Hochblüte am Versailler Hof Ludwigs XIV. fand.
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